Merkel zu Corona-Lockerungen "Wir haben die allererste Phase der Pandemie hinter uns"

Angela Merkel lobt das Verhalten der Bürger in der Coronakrise. Die Menschen in Deutschland hätten "verantwortungsvoll gelebt", sagte die Kanzlerin nach ihren Beratungen mit den Ministerpräsidenten - und stellte umfangreiche Lockerungen vor.
Kanzlerin Merkel (mit Hamburgs Bürgermeister Tschentscher)

Kanzlerin Merkel (mit Hamburgs Bürgermeister Tschentscher)

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Michael Sohn/ dpa

Die Entwicklung in der Corona-Pandemie ist nach den Worten von Kanzlerin Angela Merkel trotz erster Öffnungsschritte bei den Beschränkungen gut. Die täglichen Neuinfektionen lägen bundesweit zum Teil nur noch im dreistelligen Bereich, sagte Merkel am Mittwoch in Berlin nach einer Schaltkonferenz mit den Ministerpräsidenten der Länder zum weiteren Vorgehen in der Corona-Pandemie. Die Zahlen seien "sehr erfreulich" (lesen Sie hier über die mit den Ministerpräsidenten getroffenen Vereinbarungen).

"Wir haben die allererste Phase der Pandemie hinter uns", sagte sie. Man stehe aber noch vor einer langen Auseinandersetzung mit dem Virus. Daher sei es weiterhin wichtig, Abstand zu halten und einen Mund-Nasen-Schutz im öffentlichen Raum zu tragen.

Das Ziel, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, sei erreicht worden, sagte Merkel. Daher habe man weitere Öffnungsschritte beschließen können:

  • Kontaktbeschränkungen: Diese werden grundsätzlich bis zum 5. Juni verlängert. Allerdings einigten sich Bund und Länder darauf, dass sich künftig wieder Angehörige von zwei Haushalten treffen dürfen - also etwa zwei Familien, zwei Paare oder die Mitglieder aus zwei Wohngemeinschaften. Sie sollen weiterhin einen Abstand von 1,50 Metern zueinander einhalten.

  • Besuchsregeln: Für Kliniken, Pflegeheime und Behinderteneinrichtungen werden die Einschränkungen der Besuchsregeln bundesweit gelockert. Demnach soll jedem Patienten oder Bewohner wiederkehrender Besuch durch eine bestimmte Person ermöglicht werden.

  • Geschäfte: Alle Geschäfte in Deutschland sollen unter Auflagen wieder öffnen dürfen - ohne Quadratmeterbegrenzung der Verkaufsfläche.

  • Breitensport: Bund und Länder wollen den Trainingsbetrieb im Breiten- und Freizeitsport unter freiem Himmel wieder erlauben. Freizeitsportler müssen sich aber an bestimmte Auflagen halten. So muss eine Distanz von 1,5 bis 2 Metern gewährleistet und der Sport kontaktfrei ausgeübt werden.

  • Bundesliga: Die Fußball-Bundesliga darf die unterbrochene Saison ab der zweiten Mai-Hälfte mit Geisterspielen fortsetzen.

  • Verantwortung: Die Bundesländer übernehmen die Verantwortung für weitere Lockerungen der Corona-Beschränkungen. Sie müssen aber sicherstellen, dass in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen sofort wieder ein konsequentes Beschränkungskonzept umgesetzt wird.

Merkel betonte zugleich, dass es in der Pandemie regionale Unterschiede gebe. Daher sei es wichtig, einen Notfallmechanismus zu haben, um regional schnell reagieren zu können, falls die Zahl der Neuinfektionen wieder zunehmen sollte.

Sie habe ein gutes Gefühl mit den Beschlüssen. "Wir müssen darauf aufpassen, dass uns diese Sache nicht entgleitet." Deutschland gehe "einen mutigen Weg", sagte Merkel: "Wir haben in weiten Teilen der Wirtschaft keinerlei Verbote verhängt." In anderen Ländern sei die halbe Produktion stillgelegt. Insofern gehe Deutschland einen "sehr offenen und mutigen Weg". Wirtschaftsverbände hatten wiederholt Kritik am Kurs der Politik geäußert und einen klaren Fahrplan für Öffnungsschritte verlangt. In vielen Branchen sind Aufträge und Umsätze weggebrochen.

DER SPIEGEL

Söder: "Die Sorge bleibt - es kann sich jederzeit wieder verändern"

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bezeichnete den vereinbarten Notfallmechanismus als die wichtigste der neu getroffenen Abmachungen. "Diese Notbremse, das ist sozusagen die Notfallpolice", sagte der CSU-Politiker. Der Notfallmechanismus sieht vor, dass bei mehr als 50 Neuinfektionen unter 100.000 Einwohnern in einzelnen Landkreisen oder kreisfreien Städten in einem Zeitraum von sieben Tagen wieder regional verschärfte Beschränkungen gelten.

Wenn rechtzeitig regional eingeschritten werde, könne die weitere Ausbreitung des Coronavirus verhindert werden, sagte Söder. Trotz der deutlichen Entspannung warnte er vor Sorglosigkeit. "Die Sorge bleibt - es kann sich jederzeit wieder verändern." Deshalb müssten die Grundlinien beibehalten werden, was Vorsicht und Umsicht betreffe. Wie Söder sagte, wollen sich die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin vorerst nicht mehr wie zuletzt im Wochenrhythmus treffen. Dies sei derzeit nicht sinnvoll.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher sieht die Länder in der Pflicht, über weitere Öffnungsschritte etwa in der Gastronomie und für Beherbergungsbetriebe zu entscheiden: "Ich hoffe für uns alle, dass die Länder diese Verantwortung auch gut tragen." Die Maßnahmen würden regional unterschiedlich ausgestaltet.

als/dpa/Reuters
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