Kanzlerin in Berlin Merkel: Tat durch Flüchtling wäre besonders schwer zu ertragen


Kanzlerin Angela Merkel wird noch am Dienstag zum Berliner Breitscheidplatz gehen - dorthin, wo am Abend zuvor ein Lastwagen in die Menge auf einem Weihnachtsmarkt gerast ist und viele Menschen getötet hat. Man müsse von einem terroristischen Anschlag ausgehen, so die Kanzlerin in einem kurzen Statement am Dienstagmorgen. Die Tat werde bestraft werden, "so hart es unsere Gesetze verlangen".
Noch in der Nacht hatte die Polizei einen Verdächtigen festgenommen. Es handelt sich laut Innenminister Thomas de Maizière wohl um einen Mann aus Pakistan, der am 31. Dezember 2015 nach Deutschland einreiste. Medienberichten zufolge lebte er in einer Flüchtlingsunterkunft auf dem früheren Berliner Flughafen Tempelhof. Allerdings gibt es bei der Berliner Polizei inzwischen Zweifel an der Täterschaft des Festgenommenen.
Sollte sich bestätigen, dass es sich bei dem Täter um einen Flüchtling gehandelt habe, wäre es nach Merkels Worten "für uns alle besonders schwer zu ertragen". "Dies wäre besonders widerwärtig gegenüber den vielen Deutschen, die tagtäglich in der Flüchtlingshilfe engagiert sind", sagte Merkel, "und gegenüber den vielen Menschen, die unseren Schutz tatsächlich brauchen und sich um Integration in unser Land bemühen."
Die Kanzlerin zeigte sich "entsetzt, erschüttert" über das, was in Berlin geschehen sei. "Millionen von Menschen" fragten sich nun: "Wie können wir damit leben, dass beim unbeschwerten Gang über den Weihnachtsmarkt...ein Mörder den Tod bringt?"
Zwölf Tote, 48 Verletzte, das ist die traurige Bilanz eines Abends, der für viele wohl fröhlich begonnen hatte - bis ein dunkler Lastwagen gegen 20 Uhr auf einer Strecke von 60 bis 80 Metern über den Markt raste. Merkel appellierte an die Menschen im Land, auch in schweren Zeiten zusammenzustehen und sich nicht entmutigen zu lassen: "Wir wollen nicht damit leben, dass uns die Angst vor dem Bösen lähmt."
Sie habe "großes Vertrauen" in die Ermittler, dass die Tat aufgeklärt werde. Zugleich dankte sie den Rettungskräften, Ärzten und Sanitätern für ihren Einsatz.
Merkel wandte sich in ihrer Ansprache auch an die Angehörigen der Opfer. "Ich denke in diesen Minuten zuallererst an die Toten, die Verletzten und die Angehörigen. Wir alle hoffen und wir beten für Sie. Dass Sie Trost und Halt finden, dass Sie weiterleben können nach diesem schrecklichen Schlag."
Lesen Sie hier einen Überblick: Was wir bislang über den Angriff in Berlin wissen - und was nicht.
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Der Breitscheidplatz aus der Luft vor dem Anschlag. Fotografiert von einem Polizeihubschrauber
Vor der Gedächtniskirche legten Passanten zum Gedenken an die Opfer des Anschlags Blumen und Kerzen nieder.
Eigentlich sollten in Berlin am Tag nach dem Anschlag alle Weihnachtsmärkte geschlossen bleiben. Der Lucia-Weihnachtsmarkt in der unter Denkmalschutz stehenden Kulturbrauerei hatte jedoch geöffnet.
Am Dienstagabend versammelten sich Menschen zu einem gemeinsamen Trauergottesdienst in der Gedächtniskirche Berlins. Auch die führenden Politiker Deutschlands nahmen teil: Innenminister Thomas de Mazière (CDU), Rheinland-Pfalz-Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses Ralf Wieland (SPD) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Der regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, kämpfte mit den Tränen. Neben ihm sitzen Bundespräsident Joachim Gauck (l.) und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (r.).
Kanzlerin Angela Merkel trug sich während des Gottesdiensts ins Kondolenzbuch ein.
Unterdessen geht die Spurensuche weiter. Mittlerweile wurde der vorläufig Festgenommene wieder freigelassen. Damit ist der Täter weiterhin auf freiem Fuß.
Ein Zeichen der Solidarität: Auf das Brandenburger Tor wurden am Abend die Nationalfarben projiziert. Das ganze Land trauert um die Toten des Attentats am Tag zuvor.
Polizist nahe der Gedächtniskirche: Nach dem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin sind noch viele Fragen offen. Zwölf Menschen starben und mindestens 48 wurden verletzt, als am Montagabend ein Unbekannter einen Lastwagen mitten in die Buden steuerte.
Der Tag nach dem Angriff: Die Ermittlungs- und Aufräumarbeiten im Westen von Berlin sind noch lange nicht beendet. Bei einer Attacke mit einem Lkw waren auf diesem Weihnachtsmarkt zwölf Menschen gestorben.
Weg der Verwüstung: Der Ort des Angriffs liegt unmittelbar neben der bekannten Gedächtniskirche im Ortsteil Charlottenburg.
Der Lastwagen der Marke Scania gehört einer polnischen Spedition und hatte Stahlkonstruktionen geladen. Laut Polizei wurde ein Verdächtiger festgenommen. Es spreche viel dafür, "dass er der Fahrer ist", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Ein weiterer Mann, der auf dem Beifahrersitz saß, ist Polizeiangaben zufolge tot. Er soll polnischer Staatsbürger sein.
Trauernde Stadt: In Gedenken an die Opfer haben viele Menschen Blumen, Kerzen und persönliche Botschaften am Ort des Verbrechens hinterlassen.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte am Dienstag den Tatort am Breitscheidplatz und legte Blumen nieder.
Schockierte Politik: Bundesinnenminister Thomas de Maiziere trat am Mittag vor die Kameras und erklärte, dass man kaum noch Zweifel am terroristischen Hintergrund der Tat habe. Die Drahtzieher der Bluttat sind allerdings noch nicht ermittelt.
Hier wird der Auflieger abgeschleppt: Noch immer ist nicht komplett klar, wann und wo der mutmaßliche spätere Täter das Fahrzeug kapern konnte.
Flüchtlingsunterkunft in einem Hangar im ehemaligen Flughafen Tempelhof (Archivbild): Ein Sondereinsatzkommando der Polizei hatte hier offenbar in der Nacht eine Durchsuchung durchgeführt. Ein zunächst in der Nähe des Tatorts festgenommener 23-jähriger Mann, angeblich ein pakistanischer Flüchtling, scheint nun offenbar doch nicht mehr unter Tatverdacht zu stehen. Das erklärten die Behörden am Nachmittag.
Blick auf den Lkw nach dem Unglück: Der mutmaßliche Fahrer konnte zunächst fliehen, wurde aber noch in der Nacht an der Siegessäule festgenommen. Dachten die Beamten. Inzwischen ist seine Tatbeteiligung keineswegs mehr wahrscheinlich.
Umgestürzter Christbaum auf dem Weihnachtsmarkt. "Das ist ein schlimmer Abend für Berlin und unser Land, der mich wie zahllose Menschen sehr bestürzt", sagte Bundespräsident Joachim Gauck.
Berlin unter Schock: Die Hauptstadt ringt noch mit den Folgen der Tat vom Montagmorgen. "In Trauer und Anteilnahme für die Opfer und alle Betroffenen" steht auf dieser Anzeigetafel.
Reaktion auf die Tat von Berlin: In zahlreichen Orten, wie hier in Dresden, wurden die großen Weihnachtsmärkte gegen vergleichbare Vorfälle gesichert. Betonelemente sollen verhindern, dass Fahrzeuge auf das Areal gelangen können und dort Menschen verletzen.
Auch in Frankreich, das selbst in der jüngeren Vergangenheit mehrere schwere Terrorangriffe verkraften musste, sind die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal verschärft worden. Dort ist auch die Bevölkerung zu besonderer Wachsamkeit aufgerufen.
Noch einmal der Blick auf den Tatort: Noch sind der oder die Verantwortlichen für den brutalen Angriff offenbar auf freiem Fuß - die Hauptstadt kommt vorerst nicht zur Ruhe.