Letzter Amtsbesuch im Kreml Merkel will mit Russland im Dialog bleiben

Merkels Besuch in Russland fällt auf den Jahrestag des Giftanschlags auf Alexej Nawalny. Zum Auftakt der Gespräche mit Putin ließ die Bundeskanzlerin das Thema aber unerwähnt – und warb für Gespräche der beiden Länder.
Angela Merkel und Wladimir Putin während ihres Treffens im Kreml

Angela Merkel und Wladimir Putin während ihres Treffens im Kreml

Foto: Guido Bergmann / dpa

Bundeskanzlerin Angela Merkel will trotz massiver politischer Spannungen mit Russland im Gespräch bleiben. Zum Auftakt ihres Treffens mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sagte Merkel: »Selbst, wenn wir heute auch durchaus tiefgreifende Differenzen haben, so sprechen wir miteinander, und das soll auch weiter so geschehen und die deutsch-russischen Beziehungen klassifizieren und qualifizieren.« Sie freue sich, »dass wir uns noch einmal – vielleicht als Abschiedsbesuch, aber auch als Arbeitsbesuch – hier im Kreml treffen können«, sagte die Kanzlerin.

Kurz zuvor hatte Merkel einen Kranz am Grab des Unbekannten Soldaten niedergelegt. Die CDU-Politikerin erinnerte daran, dass vor 80 Jahren Hitler-Deutschland die Sowjetunion überfallen hatte. Die Sowjetunion hatte im Zweiten Weltkrieg 27 Millionen Tote zu beklagen.

Merkel erwähnt Fall Nawalny vorerst nicht

Putin sagte, dass die Kontakte – auch telefonisch – mit der Kanzlerin stets intensiv gewesen seien. Deutschland sei für Russland ein wichtiger Handelspartner. Merkel und Putin kamen im großen Kremlpalast in Moskau zusammen.

»Die Zeit wird gut gefüllt sein«, sagte Merkel. Es werde auch um die Lage in Afghanistan und um bilaterale Fragen wie die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen gehen. Weil Russland unlängst drei deutsche NGOs zu unerwünschten Organisationen erklärt hat, hat der für die Zivilgesellschaften beider Länder vor 20 Jahren gegründete Petersburger Dialog seine Arbeit eingefroren. Putin hatte das Gremium einst mit dem damaligen Kanzler Gerhard Schröder ins Leben gerufen.

Der Besuch der Kanzlerin fällt auf den ersten Jahrestag des Giftanschlags auf den Putin-Gegner Alexej Nawalny. Der Oppositionelle war am 20. August 2020 beinahe mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok getötet worden. Er wurde in der Berliner Charité behandelt, wo Merkel den Kremlgegner auch besucht hatte.

Die Kanzlerin hatte eine Aufklärung des Falls durch die russischen Behörden und später auch die Freilassung des inzwischen im Straflager inhaftierten Nawalny gefordert. Es ist das erste Mal seit dem international verurteilten Verbrechen, dass sich Merkel und Putin nach ihrem Treffen gemeinsam auch den Fragen von Journalisten stellen wollen. Den Fall Nawalny sprach Merkel vor den Beratungen mit Putin allerdings nicht direkt an.

Deutschlands Regierungssprecher Steffen Seibert hatte am Mittwoch noch darauf hingewiesen, dass Merkels Besuch am ersten Jahrestag des Giftanschlags auf Nawalny stattfindet. »Dieser immer noch ungelöste Fall ist eine schwere Belastung des Verhältnisses zu Russland«, sagte Seibert.

Der Kreml warf der Bundesregierung daraufhin eine »Propagandakampagne« gegen Russland vor. Deutschland und andere westliche Staaten instrumentalisierten den Fall des inhaftierten Nawalny »mit dem Ziel, sich in die inneren Angelegenheiten unseres Landes einzumischen«, teilte das Außenministerium in Moskau mit.

svs/dpa/AFP

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