
Berlin: Gaskartuschen und Benzinkanister
Angriffe auf Parteizentralen in Berlin Täter war wegen Mikrozensus wütend
Auslöser der Amokfahrt eines 58-Jährigen, der in der Weihnachtsnacht mit einem Auto ins Foyer der Berliner SPD-Zentrale gerast war, war womöglich dessen Ärger über den Mikrozensus. Nach SPIEGEL-Informationen hatte sich der arbeitslose Mann aus dem Ostberliner Ortsteil Fennpfuhl zuvor geweigert, an der amtlichen Befragung teilzunehmen. Deshalb war gegen ihn ein Zwangsgeld verhängt und Ordnungshaft angedroht worden.
Beim Mikrozensus müssen zufällig ausgewählte Bürger Fragenkataloge zu ihren Lebensverhältnissen beantworten. Für das gesetzlich vorgegebene Fragenprogramm besteht größtenteils Auskunftspflicht. Die Daten werden vollständig anonymisiert.
"Hintergrund der Tat sind nach derzeitigem Ermittlungsstand Wut und Frustration über die erzwungene Teilnahme an einem Volkszählungsverfahren", bestätigte ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft auf SPIEGEL-Anfrage. Nach Angaben des Beschuldigten habe er ein "Zeichen setzen" wollen gegen die aus seiner Sicht für die Volkszählungsgesetze verantwortlichen Parteien.
Vor seiner Amokfahrt soll der gebürtige Thüringer am späten Heiligabend eine Tasche mit einem Spreng- und Brandsatz vor der CDU-Bundesgeschäftsstelle abgestellt haben, der jedoch nicht zündete.
Danach fuhr er zur SPD-Zentrale und steuerte den Peugeot durch die Glasfassade des Eingangsbereichs. In dem Fahrzeug sollen sich ein weiterer Brandsatz sowie Gaskartuschen und Benzinkanister befunden haben. Eine sofort einsetzende Sprinkleranlage verhinderte jedoch den Ausbruch eines Feuers im Willy-Brandt-Haus.
Der Amokfahrer wurde bei dem Aufprall am Kopf verletzt und konnte kurz darauf festgenommen und in eine Klinik gebracht werden. Außer dem Mann wurde niemand verletzt. Inzwischen erging Haftbefehl gegen ihn, unter anderem wegen des Verdachts des versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in zwei Fällen.