Ex-Außenminister Gabriel »Natürlich kann Nord Stream 2 nicht kommen, wenn Russland die Ukraine angreift«

Sigmar Gabriel fordert: Russland muss den Preis für einen Krieg in Europa kennen. Ähnlich wie der sozialdemokratische Ex-Außenminister sehen das die Spitzenpolitiker Röttgen und Hofreiter.
Sigmar Gabriel

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Britta Pedersen / dpa

Für Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist die Reise nach Moskau die wohl schwierigste in ihrer bislang kurzen Amtszeit. Besuche bei ihrem Amtskollegen Sergej Lawrow gelten ohnehin als schwierig, noch dazu sind die Beziehungen mit Russland wegen der Ukrainekrise derzeit extrem belastet.

Vor dem Trip äußerten sich zahlreiche deutsche Spitzenpolitiker zur aktuellen Lage. Er rate »allen politischen Akteuren dringend davon ab, in dieser kritischen Phase Abschreckungspotenzial gegenüber Russland vom Tisch zu nehmen«, sagte Norbert Röttgen (CDU) den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND).

Für Russlands Präsident Wladimir Putin sei die Ukraine nur »ein Anwendungsfall«, die europäische Ordnung notfalls auch militärisch zu revidieren. »Nur wenn Putin mit für ihn unkalkulierbaren Folgen rechnen muss, kann der Westen ihn vielleicht von gewaltsamen Aktionen abhalten«, sagte Röttgen mit Blick auf den russischen Präsidenten. Deutschland dürfe nun keine Sonderwege gehen, sondern müsse gemeinsam mit den USA Stärke zeigen.

»Nie ein rein wirtschaftliches Projekt, sondern immer an politische Bedingungen geknüpft«

Sigmar Gabriel über Nord Stream 2

Ähnlich äußerte sich der frühere SPD-Vorsitzende und Ex-Außenminister Sigmar Gabriel. »Eigene Stärke in Verhandlungen bekommt man nur, wenn man der russischen Drohung eines militärischen Einmarsches in der Ukraine ernsthaft etwas entgegensetzt«, sagte Gabriel dem »Tagesspiegel«. Russland müsse »den Preis für einen Krieg in Europa kennen«.

Gabriel widersprach zudem Aussagen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), bei der Ostseepipeline Nord Stream 2 handle es sich um ein rein privatwirtschaftliches Projekt. Es sei in den Verhandlungen mit Russland immer klar gewesen, dass durch die Pipeline die Integrität der Ukraine durch Russland nicht infrage gestellt werde, sagte Gabriel. »Insofern war es nie ein rein wirtschaftliches Projekt, sondern immer an politische Bedingungen geknüpft, die der russische Präsident immer akzeptiert hat.«

Dies habe auch Folgen für den Fall eines möglichen russischen Militärangriffs auf das Nachbarland: »Natürlich kann Nord Stream 2 nicht kommen, wenn Russland die Ukraine angreift«, sagte Gabriel.

Hofreiter will »Druckmittel gegen Putin« nicht aus der Hand geben

Baerbocks Parteikollege Anton Hofreiter appellierte, die Entscheidung zur Inbetriebnahme von Nord Stream 2 so lange wie möglich hinauszuzögern. »Es ist schon allein aus geostrategischen Gründen klug, die Frage möglichst lang offen zu halten«, sagte Hofreiter der Nachrichtenagentur AFP. Deutschland gebe andernfalls »ein Druckmittel gegen Putin aus der Hand«.

Hofreiter nannte die Pipeline »aus zwei Gründen problematisch«. »Erstens wegen des Klimaschutzes und zweitens, weil Putin durch diese Pipeline die Ukraine und Polen vollkommen umgehen kann«. Deutschland sei auf Nord Stream 2 eigentlich nicht angewiesen, »weil die Pipelines, die durch die Ukraine führen, bereits entsprechend gefüllt sind«, sagte der Grünenpolitiker.

Nord Stream 2 soll russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland transportieren. Die Gasleitung wurde bereits fertiggestellt. Derzeit prüft die Bundesnetzagentur, ob alle rechtlichen Voraussetzungen für den Betrieb vorliegen.

fek/dpa/AFP
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