
Terrorismus Popstars der Hasswelt


Attentäter Anis Amri
Die Strategen des Terrors haben einen langen Atem, die Zeit ist ihr Freund. Sie schüren den Hass, wo sie ihn finden können. Sie verhelfen Männern wie Anis Amri zu medialem Heldenstatus in ihrem ideologischen Dunkel-Reich. Popstar sein in der Hasswelt ist auch eine Karriere, vor allem wenn man in der wirklichen Welt keinen Erfolg haben kann.
Der Terror will, dass wir uns entzweien, wir sollen beginnen, uns gegenseitig zu hassen. Wir sollen die Schutzssuchenden aus den Kriegen hassen, weil wir sie verwechseln mit notorischen Kriminellen wie Anis Amri.
Die Strategen des Terrors arbeiten daran, dass Geflüchtete irgendwann frustriert genug sein könnten, um auf ihre Seite zu wechseln, weil sie von den Bio-Deutschen in der U-Bahn scheel angesehen und von rechten Banden gejagt werden, weil Muslime ja sowieso keine Chance haben in der Welt des Westens. Das alles lässt sich nachlesen in den Internetforen der Hasswelt. Die Terrorplaner halten dort Trost bereit und vermeintliche Wege aus der Frustration.
Terroristen zielen auf den sozialen Frieden
Wenn nach Deutschland Geflüchtete irgendwann zurückschlügen, weil sie sich gedemütigt fühlten, dann hätten die Terrorstrategen ihr Ziel erreicht. Das ist ihr Wunschszenario. Sie zielen nicht nur auf den nächsten Weihnachtsmarkt oder das Brandenburger Tor, sondern auf den sozialen Frieden in Deutschland, dem derzeit politisch und wirtschaftlich einflussreichsten Land Europas.
Dem Attentäter Anis Amri gelang in den Augen der Terrorstrategen ein Meisterstück. Er führte den deutschen Staat vor, weil er sich über die Flüchtlingsroute einschmuggelte und selbst als den Behörden bekannter islamistischer Gefährder noch durch die Maschen der Sicherheitskräfte schlüpfte. Der Staat schützte seine Bürger nicht vor Anis Amri, und der Verlust von Sicherheit, das wissen die Terrorplaner gut, ist der Anfang der Entfremdung der Bürger vom Staat.
Viele Argumente spielen den PR-Agenten der Terrorplaner in die Hände. In sozialen Foren zeigen sie die Armut und Ungerechtigkeit in muslimischen Ländern, die Kriege und die Zerstörung in Syrien, Irak, Afghanistan, das Leid der Palästinenser. Schuld daran ist demnach natürlich der Westen, der sich angeblich gegen die Muslime verschworen hat.
Intellektuellere Extremistenkreise wollen angeblich Rache üben für die Kolonialgeschichte, die ihren Ländern eigene Entwicklungschancen raubte.

Anschlag in Berlin: So reagiert Deutschland
Dass die Terrorstrategen selbst nichts anzubieten haben, keinen Frieden, keinen Staat, keine Menschenrechte, keinen Fortschritt, geht dabei unter.
Die Terrorstrategen werden als Gegner schwer zu besiegen sein, denn sie fordern maximale Ressourcen: Sicherheitsvorkehrungen, Aufmerksamkeit, Engagement - ohne erheblichen Eigeneinsatz leisten zu müssen. Die islamistischen Kämpfer in Afghanistan sagen gerne: "Ihr habt die Uhren und wir die Zeit." Das gilt ab sofort auch für den Kampf in Deutschland.
Wir Bürger sollten uns weigern zu hassen
Was können wir tun? Der Staat muss beweisen, dass er wehrhaft ist, Geheimdienste müssen international endlich eng operieren. Wir wollen wissen, wer in unser Land gekommen ist, und Hinterhofmoscheen, Hassprediger und Unterstützerkreise müssen überwacht und konsequent verfolgt werden. Wir brauchen einen offenen Dialog in Deutschland, der die Ängste und Nöte derjenigen, die sich vor Überfremdung und Zuwanderung fürchten, ernst nimmt, anstatt ihre Sorgen kleinzureden und sie zu isolieren. Unser Atem muss länger sein als derer, die unser Land zerstören wollen.
Am dringendsten aber brauchen wir eine politische Führung, die nicht weicht vor dem Terror, die Entschlossenheit zeigt und Zuversicht, die weiß, was jetzt zu tun ist, und dies den Bürgern auch erklärt. Eine Kanzlerin, die den Staat mit der ihr zur Verfügung stehenden Macht verteidigt. Und wir Bürger sollten uns weigern zu hassen und den Fehdehandschuh nicht aufheben, den die Strategen des Terrors uns hingeworfen haben.
Die Autorin ist SPIEGEL-Auslandsreporterin und Begründerin von www.ThePoetryProject.de , einer Berliner Initiative, in der junge Geflüchtete in der poetischen Tradition ihrer Heimat ihre Geschichten erzählen.