Anti-Islam-Kongress in Köln Rechter Reinfall

Der Auftakt der Anti-Islamisierungskonferenz in Köln ist gefloppt - zumindest aus Sicht der Organisatoren: Mit einem spektakulären Spitzentreffen wollte die europäische Rechte Stimmung machen. Übrig blieb eine chaotische Lachnummer.
Von Lenz Jacobsen

Irgendwann fingen sie an, Karten zu spielen. Da saß die Führungsebene der europäischen Rechten bereits seit Stunden auf dem Rhein in Köln fest, an Deck des Ausflugsdampfers "Moby Dick". Ziellos, mit einer eingeschlagenen Scheibe, trieben sie auf dem Fluss. An Land warteten die Gegendemonstranten auf die Rechten, an Bord hatte die Polizei das Kommando übernommen. Dann spielten die Funktionäre der belgischen Rechtspopulisten von "Vlaams Belang" eben Karten.

Was sollten sie auch sonst tun?

Der erste Tag des Anti-Islamisierungskongresses, groß angekündigt als Gipfeltreffen der europäischen Moschee-Gegner, war ein Flop - zumindest für die Organisatoren.

Begonnen hatte alles im Vorort Rhodenkirchen. Dort wollte die rechtspopulistische Vereinigung Pro Köln eine Pressekonferenz abhalten, traf aber auf wütende Linke. Ein paar Steine und Farbbeutel flogen, zwei der Funktionäre mussten sich hinter die Linien der Polizei flüchten. In einer Kommandoaktion lotsten die Rechten die Presse direkt zu einem Bootsanleger am Rhein. Dort wartete "Moby Dick". Kapitän und Reederei hatten nicht gewusst, wen sie da über den Fluss schippern sollten, gemietet war das Schiff für ein Treffen von Rechtsanwälten.

Wieder flogen Steine, eine Scheibe - einer der martialischen Deko-Zähne von "Moby Dick" - ging zu Bruch. Das wurde Pro Köln zu heiß. Kurzerhand legten die Mitglieder mit den Gästen und den paar Journalisten, die es bis dahin an Bord geschafft hatten, ab und flohen auf den Fluss. Mehr als vier Stunden sollten sie dort gefangen bleiben.

"Ungeheure Provokation"

Zuerst wetterten die rechten Funktionäre auf dem Rhein ausgiebig gegen "linke Gewalttäter", darüber, dass die Polizei mit diesen gemeinsame Sache mache, dass dies die "Saat von Rüttgers und Schramma (dem Kölner Oberbürgermeister - d. Red.) ist, die hier aufgeht". Der Generalsekretär der Freiheitlichen Partei Österreichs, Harald Vilimsky, wiederholte immer wieder, so etwas könne in seinem Heimatland nie passieren.

Unterdessen prangerte die Polizei an Land das Katz-und-Maus-Spiel von Pro Köln an - über den spektakulären Bootstrip hatten die Islamgegner sie nicht informiert. "Wir werten deren Vorgehen als ungeheure Provokation", erregte sich ein Polizeisprecher.

An den Ufern des Rheins verteilten sich die Gegendemonstranten, insgesamt wohl kaum mehr als 200, um das Anlegen des Schiffes zu verhindern. Doch an Bord hatte schon lange die Polizei das Kommando übernommen. Der Kapitän wollte mit seinem beschädigten Schiff nicht weiterfahren. "Moby Dick" trieb in Begleitung von Polizeibooten auf dem Fluss. "Wir werden hier seit Stunden gefangen gehalten", erregte sich Pro-Köln-Chef Markus Beisicht, "das wird ein ganz massives Nachspiel haben." Da waren die Belgier schon zum Kartenspielen übergegangen.

Gegen 15 Uhr schließlich hatten Beisicht und seine Mitstreiter dann doch wieder festen Boden unter den Füßen. Unter Polizeischutz und von Dutzenden Kameras und Journalisten verfolgt, kletterten sie aus dem Bauch von "Moby Dick" - und wussten ein weiteres Mal nicht weiter. Denn auch ihr nächster Programmpunkt war da schon passé.

Eigentlich wollten sie mit Bussen "eine Rundfahrt durch die multikulturellen Stadtteile" machen, und dabei auch auf dem Baugrundstück der geplanten Moschee in Ehrenfeld haltmachen. Doch als die Busfahrer hörten, wenn sie da durch die Stadt kutschieren sollten, fuhren sie einfach wieder nach Hause. Die Polizei setzte noch einen drauf und verbot die Rundfahrt - mit welchen Bussen auch immer.

Beschimpft, gefilmt, verspottet

So stand das Häuflein Funktionäre in Zweireihern an seinem Bootsanleger, und war ein weiteres Mal gefangen. Rund herum hatten sich die Gegendemonstranten, vielleicht hundert Aktivisten, aufgestellt. Es gab keinen Ausweg.

Auch die Polizei wollte nicht helfen. "Wie kommen wir denn jetzt hier weg?", fragte der aufgebrachte FPÖ-Generalsekretär Vilimsky den Einsatzleiter. "Also, wir halten Sie ja nicht auf", antwortete dieser, ohne eine Miene zu verziehen, "Sie können sich ja ein Taxi rufen".

Und so standen die Rechten mit ihren Handys am Ohr am Ufer, umringt von Kameras, beschimpft von linken Aktivisten, und versuchten verzweifelt, Autos für ihren Abtransport zu organisieren. Erfolglos. Keiner wollte sie fahren, die Taxifahrer weigerten sich, solche Gäste aufzunehmen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sahen Beisicht, Vilimsky und Co. sehr verloren aus, war ihr Großkongress zur chaotischen Lachnummer verkommen.

Die angebliche Islamisierung Europas war da schon lange zum Randthema verkommen. Viel lieber echauffierten sich die Teilnehmer des Kongresses vor den Kameras und Mikrofonen über die "skandalöse Polizeiarbeit", "Armes Deutschland", murmelte eine Frau immer wieder.

Kölscher Protest

Gegen 18 Uhr schließlich hatte die Polizei ein Erbarmen, packte die verbliebenen Kongressteilnehmer in Bullis und brachte sie weg.

Eine Stunde später fiel die ganze rechte Mannschaft, rund 50 Personen, bei Maic Zimmermann ein, dem Besitzer der Gaststätte "Yachthafen" in Köln-Porz. "Die standen plötzlich hier auf der Terrasse und wollten eine geschlossene Gesellschaft in unserem Saal machen", erzählt der Wirt. Er wusste nicht, wen er da vor sich hatte und ließ sie zuerst Platz nehmen.

Doch als ihn Gegendemonstranten aufklärten, schmiss Zimmermann die Gäste raus. "Mit denen will ich echt nix zu tun haben, ich hatte auch gar keine Lust, mit denen zu diskutieren", erzählt er. Ein Rechter schlug Zimmermann noch vor, doch mal eben gemeinsam vor die Tür zu gehen - dann machte sich der Tross wieder auf den Weg, auf die Suche nach einer anderen Bleibe, "wo man mal ein schönes Kölsch trinken kann", wie ein FPÖ-Funktionär schon den ganzen Tag voller Vorfreude angekündigt hatte.

Ob daraus an diesem Wochenende etwas wird, ist zweifelhaft. Denn die Wirte der Stadt haben schon vor Wochen erklärt: "Kein Kölsch für Nazis."

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