Anti-Israel-Demo NRW prüft Disziplinarverfahren nach Duisburger Flaggeneklat

In der Duisburger Polizei drohen wegen des Flaggeneklats während einer Anti-Israel-Demo personelle Konsequenzen: NRW-Innenminister Wolf kündigte die Prüfung eines Disziplinarverfahrens an. Der Zentralrat der Juden warnte vor übereilten Schritten.

Die Duisburger Polizei steht nach ihrem umstrittenen Einsatz bei einer anti-israelischen Demonstration am vergangenen Samstag in der Kritik. Nachdem Beamte während der Protestaktion Israelflaggen eingeholt hatten, drohen auch personelle Konsequenzen.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ingo Wolf (FDP) erklärte am Donnerstag im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags, dass disziplinarrechtliche Schritte geprüft würden. Das Abnehmen der Flaggen durch Polizisten sei "mehr als bedauerlich" und stelle einen Eingriff in das "hohe Rechtsgut" der Meinungsfreiheit dar, sagte Wolf. Er forderte die Polizei auf, dieses hohe Gut bei künftigen Demonstrationen zu schützen.

"Sehr gereizte Stimmung"

In der Ausschusssitzung übten Politiker der vier Landtagsparteien CDU, SPD, FDP und Grünen einhellig Kritik am Vorgehen der Polizei. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sagte beim Jahresempfang für das Konsularkorps, die Freundschaft zu Israel gehöre "zu den unveräußerlichen Grundlagen unseres Staates".

Bei einer Kundgebung der "Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs" gegen die israelische Militäraktion im Gaza-Streifen hatten Polizisten die in einem Fenster und an einem Balkon angebrachten Israelfahnen abgehängt. Dazu waren Einsatzkräfte gewaltsam in eine Wohnung eingedrungen.

Das Innenministerium teilte in der Sitzung des Innenausschusses erstmals Einzelheiten zum Ablauf des umstrittenen Einsatzes mit. Demnach waren bei der Demonstration mit rund 10.000 Teilnehmern rund 280 Polizisten im Einsatz, darunter zwei Einsatzhundertschaften. Als die Demonstranten an der Spitze des Zuges an einem Wohnhaus die israelischen Fahnen entdeckt hätten, habe sich laut Duisburger Polizei schnell eine "sehr gereizte Stimmung" entwickelt. Teilnehmer drängten demnach verstärkt gegen die Ordner und eine Polizeikette, womöglich mit dem Ziel, in das Haus einzudringen.

Die Einsatzkräfte befürchteten nach Angaben des Ministeriums eine weitere Eskalation und entfernten deshalb die Fahnen aus der Wohnung. Der Duisburger Polizeipräsident Rolf Cebin hatte sich am Dienstag für das Vorgehen der Beamten entschuldigt: "Das Entfernen der Fahnen ist aus heutiger Sicht die falsche Entscheidung gewesen."

Wieder Demos am Wochenende

Der Zentralrat der Juden warnte vor übereilten Konsequenzen bei der Polizei. Zunächst müssten die genauen Umstände der Demonstration und der Polizeieinsatz gründlich aufgearbeitet werden, forderte der Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, am Donnerstag in Berlin. "Davon muss abhängig gemacht werden, welche Konsequenzen zu ziehen sind."

Die Polizei widersprach inzwischen Behauptungen der CDU, wonach in Düsseldorf Menschen wegen des Zeigens einer Israel-Fahne festgenommen worden seien. "Wir sind nicht gegen das Zeigen einer israelischen Fahne vorgegangen", betonte ein Polizeisprecher am Donnerstag. Im Vorfeld einer Demonstration von Palästinensern für den "Frieden im Nahen Osten" habe es Hinweise auf geplante Störaktionen aus der linken Szene Mönchengladbachs gegeben.

Tatsächlich seien am Rande der Demonstration vier Personen aufgetaucht, die dieser Szene der sogenannten "Anti-Deutschen" aus Mönchengladbach zuzurechnen seien. Weil die Männer Platzverweise ignoriert hätten, seien sie in Gewahrsam genommen worden. Einer von ihnen habe in seiner Kleidung versteckt eine israelische Fahne mitgeführt. Zwei Düsseldorfer CDU-Lokalpolitiker hatten behauptet, die Männer seien festgenommen worden, als sie die Israelfahne zeigen wollten. 500 Polizisten hatten die 4000 Demonstranten am 3. Januar durch Düsseldorf begleitet.

In Duisburg wollen am Wochenende erneut Demonstranten auf die Straße gehen. Nach Angaben der Polizei sind in Duisburg für den kommenden Samstag eine pro-israelische Demonstration mit bis zu 100 Teilnehmern sowie eine Kundgebung gegen die israelische Militäraktion im Gaza-Streifen mit bis zu 1000 Teilnehmern angemeldet.

Mit Blick auf die Protestaktionen erklärte Kramer: "Ich vertraue darauf, dass (…) die Polizeikräfte nicht nur anders aufgestellt sind, sondern bei der Abwägung von Schutzinteressen sensibler vorgehen und den Schutz der Rechtsordnung und damit der Meinungsfreiheit (...) richtig einzuordnen wissen." Kramer appellierte "an alle Demonstranten - pro-palästinensische wie auch pro-israelische - weiterhin friedlich die eigene Meinung zu vertreten und von gegenseitigen Provokationen abzusehen."

phw/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten