Anti-Raucher-Kampagne Unions-Politiker gegen Schockfotos

SPD-Politiker wollen mit grässlichen Bildern auf Zigarettenpäckchen vor dem Rauchen warnen. Doch bei Unions-Gesundheitspolitikern stößt der Vorschlag auf scharfe Ablehnung. Ihr Argument: Schon die jetzigen Warnhinweise zeigten wenig Wirkung.

Berlin - Willi Zylajew ist, wie er selbst bekennt, "Gelegenheitsraucher". Von den jüngsten Vorschlägen aus der SPD, mit Schockbildern auf Zigarettenschachteln die Menschen vom Griff zum Glimmstengel abzuhalten, hält der CDU-Gesundheitspolitiker wenig. "Ich glaube nicht, dass das eine Wirkung zeigen wird", erklärte er am Sonntag gegenüber SPIEGEL ONLINE.

In der "Bild am Sonntag" hatte zuvor der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach das Abbilden von Schockfotos vorgeschlagen und dabei auf die kanadischen Erfahrungen verwiesen: "Es gibt dort schon Untersuchungen, die zeigen, dass Warnhinweise mit Bildern Menschen wirklich vom Rauchen abhalten können. Deshalb bin ich stark für die Einführung solcher Fotos."

Doch beim Koalitionspartner CDU/CSU eckt Lauterbach damit an. "Für wie dumm hält Herr Professor Lauterbach eigentlich die Menschen", erregt sich Zylajew. "Die Kompanie der Gängeler, die die Menschen bis in den letzten Winkel ihrer persönlichen Freiheit eingreifen wollen, meldet sich alle paar Wochen zu Wort", attackierte er den jüngsten Vorstoß aus der SPD.

Auch Marion Caspers-Merk (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit, hatte sich für Schockbilder ausgesprochen: "Wir prüfen die Einführung derartiger Bilder, wenn wissenschaftlich nachgewiesen werden kann, dass diese Strategie erfolgreich ist." Zu diesem Zweck seien bereits Studien in Auftrag gegeben, die die Wirkung auf die die Wirkung auf Jugendliche untersuchen sollten. Erste Ergebnisse würden im Herbst erwartet.

Zylajew erklärte dazu: "Sie finden immer Wissenschaftler, die am Ende ihnen beweisen, was sie vorhaben. Das ist eine Frage des Honorars", so der CDU-Politiker. Wenn man Schockfotos auf Zigarettenschachteln abdrucke, warum dann auch nicht in anderen Bereichen, so der der CDU-Bundestagsabgeordnete. Man könne dann auch beim Verkauf eines Motorrads gleich Unfallbilder dem Nutzer überreichen. "Oder bei Fernreisen Fotos der schlimmsten Tropenkrankheiten auf die Flugtickets drucken lassen", argumentiert er im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE gegen Lauterbachs Vorschlag. Das sei aber so wenig sinnvoll wie Bilder auf Zigarettenschachteln. "Die Menschen kennen doch die Risiken", so der Gesundheitspolitiker.

Auch der CDU-Politiker Wolf Bauer, wie Zylajew Mitglied der Arbeitsgruppe Gesundheit in der Unions-Bundestagsfraktion, ist skeptisch, was Schockfotos angeht. "Was soll auf den Packungen denn noch alles drauf kommen?", fragt er. "Schon die jetzigen Warnhinweise werden doch von Rauchern nicht wirklich beachtet", sagte er SPIEGEL ONLINE. Der Gesundheitspolitiker ist überzeugt: "Noch schlimmere Warnungen in Form von Fotos werden da nicht allzu viel Erfolg haben."

Seit Jahren macht Brüssel Druck

Neu ist weder Lauterbachs Idee noch sind es die Fotomotive: Die hatte die EU-Kommission bereits 2004 als Vorschlagsliste für Warnhinweis-Gestaltungen vorgelegt, basierend auf kanadischen Erfahrungen mit solchen Kampagnen.

Bereits im Jahr 2000 hatte Brüssel die Entwicklung einer entsprechenden Kampagne und Verordnung angekündigt - und scheiterte seitdem offenbar an Widerständen, die nicht öffentlich wurden. Von der Ankündigung zu ersten Entwürfen dauerte es vier Jahre, zwei weitere bis zur ersten Umsetzung - ausgerechnet im rauchfreudigen kleinen Belgien.

Nun will Großbritannien nachziehen. Schon ab Herbst 2008, und damit ein Jahr früher als bisher geplant, soll es die Fotos auf Zigarettenpackungen geben.

Prompt drängte die EU auch die anderen Länder, die Diskussion wieder aufzunehmen und endlich die Schock-Anti-Werbung einzuführen. Nachdem jetzt Rumänien ankündigte, dies ebenfalls bereits 2008 tun zu wollen, halten offenbar auch immer mehr deutsche Parlamentarier die Zeit für reif – zumal gerade die zwar butterweiche, immerhin aber erfolgte Einführung rauchfreier Zonen im öffentlichen Raum weitgehend widerstandslos gelungen ist.

Vorreiter der Horror-Kampagne war Kanada. Bereits 2001 wurden dort die drastischen Warnmotive nach kurzer Debatte eingeführt. Bereits ein Jahr später begannen sich die Raucher-Statistiken drastisch zu ändern – und Gesundheitsbehörden in aller Welt horchten auf.

Schnell starteten Staaten wie Brasilien (2002), Singapur (2004), Thailand (2005), Venezuela (2005), Australien, Uruguay, Chile und Jordanien (alle 2006) solche Kampagnen. Gefolgt von Belgien, Großbritannien und Rumänien - und bald wohl auch Deutschland.

Mit Material von ddp

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