Appell an Polizei und Staatsanwaltschaft Antisemitismusbeauftragter Klein drängt Justiz zu hartnäckigeren Ermittlungen

Nach mutmaßlichen Anfeindungen gegen den jüdischen Musiker Gil Ofarim in einem Leipziger Hotel wird aufwendig ermittelt. Der Antisemitismusbeauftragte hofft, dass ein solches Vorgehen Schule macht.
Antisemitismusbeauftragter Klein: »Gut, dass sich der Rechtsstaat des Falls Gil Ofarim annimmt«

Antisemitismusbeauftragter Klein: »Gut, dass sich der Rechtsstaat des Falls Gil Ofarim annimmt«

Foto: Soeren Stache / dpa

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, fordert von der Justiz mehr Hartnäckigkeit bei Verdachtsfällen judenfeindlicher Äußerungen. »Ich finde es gut, dass sich der Rechtsstaat des Falls Gil Ofarim annimmt und so ausführlich ermittelt wird«, sagte Klein dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) mit Blick auf den Sänger, der behauptet, in einem Leipziger Hotel antisemitisch behandelt worden zu sein .

»Ich würde mir aber wünschen, dass dieselbe Energie von Polizei und Staatsanwaltschaften auch bei anderen antisemitischen Verdachtsfällen aufgebracht würde. Und das waren allein 2020 rund 2200«, sagte Klein. Viele Ermittlungen würden stattdessen schnell wieder eingestellt. »Das höre ich von Betroffenen in jüdischen Gemeinden immer wieder.«

Ofarim hatte Anfang Oktober in einem Video geschildert, dass ihn ein Hotelmitarbeiter aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen. Er erstattete daraufhin Anzeige. Die Staatsanwaltschaft leitete umfangreiche Ermittlungen ein, unter anderem wurde der mutmaßliche Vorfall noch einmal nachgestellt . Der Justizbehörde liegen weitere Anzeigen dazu vor – auch von dem beschuldigten Hotelmitarbeiter wegen Verleumdung.

Klein sieht auch Kirchen in der Pflicht

Defizite sieht der Antisemitismusbeauftragte auch bei den christlichen Kirchen. Beispielsweise gebe es unverändert sogenannte Judensau-Darstellungen an Kirchen, wie etwa in der Lutherstadt Wittenberg. »Die antijüdischen Traditionen fallen noch zu häufig unter den Tisch«, sagte Klein.

Auch gebe es »immer noch Kirchenglocken in Deutschland, die in den 1930er-Jahren gegossen wurden und mit einem Hakenkreuz versehen sind. Diese Glocken läuten weiter.« Solche judenfeindlichen Traditionen müssten noch stärker thematisiert werden, forderte Klein.

»Oft wird der Antisemitismus auch gar nicht als solcher erkannt«, so der Antisemitismusbeauftragte. Darum werde die Bund-Länder-Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens im nächsten Jahr auf eine bessere Aus- und Fortbildung der Justiz dringen.

fek/dpa
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