Nach Morddrohung an Pianist Levit
Antisemitismusbeauftragter will Tatbestand der Volksverhetzung verschärfen
Nach dem Bekanntwerden der Drohmails an Künstler Igor Levit fordert der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung ein härteres Strafmaß - und warnt vor der Verrohung der Gesellschaft durch Rapmusik.
Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung: "Wir können es als Gesellschaft doch in keiner Weise hinnehmen, dass ein jüdischer Künstler Morddrohungen bekommt"
Foto: Britta Pedersen/ DPA
Vor Kurzem machte der Pianist Igor Levit bekannt, dass er Morddrohungen erhält - und erhielt dafür viel Unterstützung. In einem Interview mit der Funke-Mediengruppe fordert der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Felix Klein nun, dass der Tatbestand der Volksverhetzung verschärft wird.
"Wir können es als Gesellschaft doch in keiner Weise hinnehmen, dass ein jüdischer Künstler Morddrohungen bekommt", sagte Klein. Aktuell lasse sich die Drohung in einer E-Mail allerdings nicht bestrafen, wenn sie nicht weiter verbreitet wurde. Denn in diesem Fall gelte sie nicht als Volksverhetzung.
Klein begrüßte, dass das Justizministerium nach dem Attentat von Halle das Strafrecht verschärfen will. In Paragraf 46 im Strafgesetzbuch ist festgehalten, dass Straftaten, die aus politischer Hassmotivation begangen werden, besonders hart geahndet werden können. "Im Gesetz heißt es bisher mit 'rassistischer, fremdenfeindlicher oder menschenverachtender' Tatmotivation - auf meinen Vorschlag hin wird das Wort 'antisemitisch' hinzugefügt", sagte Klein. Gerichte könnten so ein höheres Strafmaß verhängen.
Musiker wie Kollegah ermutigen Leute, ihre Gesinnung auszusprechen
Besorgt zeigte sich Klein über die "Verrohung der Gesellschaft". Zum aktuellen Anstieg von Antisemitismus in Deutschland hätten vor allem die AfD und die Musikbranche beigetragen. Die Band Rammstein verkleidet sich in ihrem Video als KZ-Häftlinge und beteilige sich so an Tabubrüchen, meint Klein. Die Texte von Musikern wie Xavier Naidoo, Farid Bang und Kollegah führten dazu, "dass Leute, die diese Gesinnung schon immer hatten, offener aussprechen, was sie denken."
Rapper Farid Bang und Kollegah bei der Echo-Verleihung
Foto: Andreas Rentz/Getty Images
Bestimmte Zeilen der Rapper Farid Bang und Kollegah gelten als antisemitisch. Ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung wurde allerdings eingestellt. Dass die Musiker 2018 den bekannten Musikpreis "Echo" erhielten, regte andere Künstler an, ihren zurückzugeben - und führte schließlich zur Abschaffung des Preises.
Im Interview rief Klein alle EU-Staaten dazu auf, Strategien gegen Antisemitismus zu entwickeln. "Auch Deutschland braucht das, das ist meine Aufgabe", sagte er. Außerdem wolle er eine Initiative starten, "europäische Regelungen gegen Hass und Hetze im Internet und in den sozialen Medien zu vereinbaren". Zudem sollten mehr deutsche Unternehmen als bislang ihre Vergangenheit während der NS-Herrschaft aufarbeiten. Nach seinen Angaben haben rund 50 Prozent der deutschen Unternehmen das noch nicht getan.
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Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung: "Wir können es als Gesellschaft doch in keiner Weise hinnehmen, dass ein jüdischer Künstler Morddrohungen bekommt"