Appell von Umweltpolitikern Deutschland-Reisen für den Klimaschutz
Hamburg/Berlin - "Auf Flugreisen zu verzichten, ist ein guter privater Beitrag zum Klimaschutz", sagte der Vizevorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Ulrich Kelber, der "Bild am Sonntag". Urlaub in Deutschland oder im benachbarten Ausland sei sehr schön. "Und man kommt überall gut mit der Bahn ans Ziel."
Ähnlich äußerte sich der bayerische Umweltminister Werner Schnappauf (CSU). "Wir brauchen eine Veränderung im Lebensstil. Dazu gehört, dass wir wieder Qualität aus der Nähe schätzen lernen. Also lieber mal am Main entlangradeln, als eine Fernreise mit dem Flugzeug machen." Das bringe einem die Heimat näher und spare viele Tonnen CO2 ein.
Auch der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Ernst Hinsken (CSU), legt den Deutschen Urlaub in der Heimat nahe: "Deutschland ist reich an Kulturschätzen und landschaftlich reizvollen Gebieten. Es schadet uns Deutschen nicht, wenn wir zwischendurch mal einen Urlaub im eigenen Land verbringen."
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast empfiehlt, beim Urlaub auf den Klimaschutz zu achten: "Wir sollten immer genau wissen, was wir tun, und überlegen, dass es auch in Deutschland schöne Urlaubsregionen gibt", sagte sie. Wer dennoch fliege, sollte mit einer freiwilligen Zahlung, etwa an Atmosfair, dafür sorgen, dass zum Ausgleich für den CO2-Ausstoß Klimaschutzprojekte finanziert werden könnten. "Pauschalreise muss künftig bedeuten: Halbpension mit Klimaschutz", sagte Künast.
CO2-Emissionen bald nicht mehr schick?
Der Direktor der weltgrößten Reisemesse ITB, Martin Buck, erwartet angesichts der Klimadebatte einen großen Schub für das Reiseland Deutschland. "Heute ist Rauchen nicht mehr schick, und in wenigen Jahre wird es in weiten Kreisen der Bevölkerung nicht mehr schick sein, während seines Urlaubs die Umwelt mit zu viel CO2 zu verpesten", sagte Buck der "Berliner Morgenpost".
Buck ist davon überzeugt, dass die Auslastung der deutschen Wellness-, Golf- und Sport-Resorts in den kommenden Jahren steigen wird. Zudem würden ehedem klassische Urlaubsziele der Deutschen wie zum Beispiel Bayern wieder attraktiver vor allem für junge Leute werden.
Beckstein gegen Verzicht auf Flüge
Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) warnt dagegen vor falschen Vorstellungen: "Rücksichtnahme auf die Schöpfung ist gut, durch Verzicht auf Flugreisen werden die weltweiten Klimaprobleme aber nicht gelöst", sagte er dem "Tagesspiegel am Sonntag". Deutschlands Aufgabe sei es, durch Hochtechnologie, Forschung und Entwicklung für einen niedrigeren Energieverbrauch und schadstoffarme Fortbewegungsmittel zu sorgen.
Das Fliegen muss nach Ansicht von Greenpeace-Geschäftsführerin Brigitte Behrens wieder teurer werden. "Billigflüge zu Dumpingpreisen gehören verboten", sagte Behrens dem "Tagesspiegel am Sonntag". "Wir wissen inzwischen ja alle, wie schädlich Flugzeuge für das Klima sind." Deshalb solle jeder prüfen, ob er auf das Fliegen so weit wie möglich verzichten könne, sagte sie. Kurzreisen mit dem Flugzeug sollten ohnehin vermieden werden: "Wochenendtrips per Flieger sind unter Klima-Gesichtspunkten tabu." Die Greenpeace-Chefin sprach sich zudem für die Einführung einer Kerosinsteuer aus, wie sie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schon in ihrer Zeit als Umweltministerin gefordert habe.
Kritik an Autobranche
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel forderte erneut von der Autoindustrie, Fahrzeuge mit geringerem Schadstoff-Ausstoß zu bauen. "Die Vorstände in den Unternehmen müssen akzeptieren, dass sie nicht nur der Börse, sondern auch dem Gemeinwohl verpflichtet sind. Sie haben eine ökologische Verpflichtung", sagte der SPD-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Der Klimawandel ist eine Gefahr wie früher das atomare Wettrüsten der beiden Blöcke. Da können sich die Manager nicht davonstehlen oder die Bedrohung verniedlichen."
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee plant bereits eine Ökoplakette für Autos, damit Verbraucher auf Anhieb den Energieverbrauch erkennen können. Porsche und VW kündigten sparsame Ökomodelle an.
Porsche-Chef Wendelin Wiedeking wehrte sich in einem Zeitungsinterview gegen Vorwürfe, seine schweren Luxuswagen seien Klimakiller. "Wir sind keine Schmutzfinken", sagte der Automanager der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Wer uns als Klimakiller bezeichnet, verfolgt anders motivierte Ziele. Der sucht das prominente Feindbild." Bis zum Ende des Jahrzehnts wolle Porsche einen sparsamen Cayenne mit Hybridmotor auf den Markt bringen.
hda/AFP/ddp/AP