Die Lage am Samstag Liebe Leserin, lieber Leser,

bei einem öffentlich-rechtlichen Sender zu arbeiten oder bei SPIEGEL ONLINE und SPIEGEL, das unterscheidet sich nicht so sehr. Jedenfalls so lange es um die Inhalte geht. Das Geschäftsmodell allerdings ist anders: Während unser Verlag das Budget für seine Angebote erst erwirtschaften muss, nehmen es öffentlich-rechtliche Sender zu guten Teilen über Rundfunkgebühren ein. Es ist kein Wettbewerb unter Gleichen, war es nie. Seit sich die öffentlich-rechtlichen Sender zunehmend im Internet ausbreiten, kostenlose Nachrichten-Apps anbieten, wird der Wettbewerb noch härter. In Verlagshäusern wächst der Unmut, vor allem gegen die ARD. Es ist ein Streit unter entfernten Verwandten. Wir sind naturgemäß Partei.
Im neuen SPIEGEL haben wir die Titelgeschichte ARD und ZDF gewidmet. Titelzeile: "Die unheimliche Macht".

Heute-Journal Studio ZDF Studio Mainz
Foto: Martin Specht/ Agentur FocusAus allen Richtungen ziehen ARD und ZDF zurzeit Kritik auf sich. Diese Kritik führt wiederum mitten hinein in die aktuellen deutschen Debatten: Wie groß ist die Nähe zwischen Journalisten und Politikern tatsächlich? Wie groß darf sie sein? Gibt es, wie in letzter Zeit oft behauptet, einen übergroßen Konsens im sogenannten Establishment? Gibt es Grenzen des Sagbaren? Und falls ja, wo liegen sie? Wie erkennbar darf die Haltung von Journalisten sein? Haben Journalisten, insbesondere Talkshows, die AfD erst großgemacht? Sind sie zu parteiisch gegenüber dieser Partei?
Natürlich betreffen all diese Fragen auch uns selbst. Aber - wie heißt es doch immer? Kritik unter Freunden müsse sein. Dann erst recht unter Verwandten.
Airbus in Turbulenzen

Airbus-Werk in Hamburg
Foto: Robert Grahn / Euroluftbild.de/ Action PressOb eine Geschichte einschlägt oder nicht, wissen wir meist erst nach der Veröffentlichung. Bei einer Geschichte aus dem neuen Heft wussten wir es schon Stunden vor Veröffentlichung unserer digitalen Ausgabe. Thomas Enders, Vorstandsvorsitzender des Weltkonzerns Airbus, hat nämlich am Freitag ein Schreiben an seine Mitarbeiter herausgeschickt. Es ist in französischer Sprache verfasst und mit ausgesprochen künstlerischer Handschrift unterschrieben.
Enders schwört seine Mitarbeiter - und das passt ja bei einem Flugzeugbauer durchaus ins Bild - auf turbulente Zeiten ein, Journalisten planten einen Bericht über Airbus. Die Journalisten, um die es geht, sind meine Kollegen Rafael Buschmann, Jürgen Dahlkamp, Dinah Deckstein, Gunther Latsch, Catalin Prisacariu, Jörg Schmitt und Gerald Traufetter. Das Thema: Ermittlungen wegen des Verdachts auf Korruption. Sollte sich der Verdacht bestätigen, droht Airbus eine Milliardenstrafe. Enders, der sich selber "Tom" nennt, hat in seinem Brief einen Rat an seine Mitarbeiter, für den er ins Englische wechselt: "Keep calm and carry on". Weitermachen wie bisher aber sollte der Konzern, folgt man meinen Kollegen, auf gar keinen Fall.
Im Video:
Klassenfahrt
Für die Kulturressorts von SPIEGEL ONLINE und SPIEGEL und für unsere Veranstaltungsabteilung hat die Buchmesse schon längst begonnen. Im Mai haben sie sich das erste Mal für die Planung unseres Programms am SPIEGEL-Stand in Halle 3.0/D56 getroffen. Zu jeder vollen Stunde wird dort ab nächsten Mittwoch eine neue Veranstaltung beginnen, manchmal auch zur halben Stunde. Die Kollegen, die das Programm vorbereiteten, fühlten sich unterdessen wie Lehrer bei der Erstellung eines Stundenplans. Wenn ein internationaler Schriftstellerstar wie Salman Rushdie am Donnerstag um 16.30 Uhr Zeit hat, reicht dann für den deutschen Star Jan Weiler, der für 16 Uhr zugesagt hat, die halbe Stunde? Wann hat Uwe Timm Zeit? Wann die schreibenden Politiker Renate Künast und Gregor Gysi?
Meine Kollegen werden mit den Gästen wichtige Fragen erörtern, wie es zum Beispiel um das Gastland Frankreich steht, wie um den Krisenstaat Türkei, wie um den ostdeutschen Mann. Ganz am Rande, und wirklich nur so ganz nebenbei, werden die Kollegen auch andere Fragen zu besprechen haben. Wer von ihnen kommt mit den wenigsten Stunden Schlaf aus? Wer ist verkatert beim Frühstück aufgetaucht? Auch wie in Schulzeiten. Klassenfahrt.
Gewinner des Tages...

Daniel Kehlmann
Foto: Jürgen Frank / DER SPIEGEL...sind für uns die Gäste, die nächste Woche an unseren Stand kommen werden und jetzt schon mit ihren Büchern im neuen Heft vorkommen. Wir haben im Heft nämlich einen Schwerpunkt zur Messe gemacht. Da wäre zum Beispiel der Schriftsteller Daniel Kehlmann, dessen neuer Roman "Tyll" hier mit einer Hymne bedacht wird. Oder Gregor Gysi, der eine Autobiografie verfasst hat und im SPIEGEL-Gespräch über sich selbst nachdenkt und zugibt: "Ich habe nie konsequent gehandelt."
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Ihnen eine anregende Lektüre und ein schönes Wochenende,
Ihre
Susanne Beyer