Umfrage unter Jugendlichen Baerbock, Habeck? Kenn ich nicht!

Kennen Sie diese Frau und diesen Mann? Die beiden Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock sind vielen Jugendlichen unbekannt
Foto: Sean Gallup / Getty ImagesHabeck oder Baerbock? Laschet oder Söder? Die Frage, welche Kanzlerkandidaten in diesem Jahr in den Wahlkampf ziehen werden, elektrisiert die politische Öffentlichkeit. Viele Jugendliche dagegen interessieren sich vermutlich herzlich wenig für den Ausgang dieser Duelle – weil sie gar nicht wissen, wer Robert Habeck oder Armin Laschet sind.
Das legt eine repräsentative Umfrage der Kommunikationsagentur Fischerappelt in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Appinio nahe. In der »Teengeist«-Umfrage werden regelmäßig Jugendliche im Alter von 16 bis 19 Jahren zu ihrer Lebenswelt befragt – unter anderem zu gesellschaftspolitischen Themen und Präferenzen.
Diese Generation ist mit Kanzlerin Angela Merkel groß geworden. Dem Ende dieser Ära sehen viele Jugendlichen nun skeptisch entgegen. Auf die Frage, wie sie zum anstehenden Führungswechsel stehen, antworteten rund 40 Prozent »Finde ich eher schlecht« oder »Finde ich schlecht«. Nur 21 Prozent können dem Abgang Merkels etwas Positives abgewinnen.
Dieses Misstrauen gegenüber dem Neubeginn könnte mit dem Umstand zusammenhängen, dass viele der jungen Menschen mit den Kandidaten, die sich nun um Merkels Nachfolge bewerben, gar nichts anfangen können.
Auf die Kanzlerkandidaten der Union angesprochen, wussten mehr als 30 Prozent der Befragten weder, wer Armin Laschet noch wer Markus Söder ist, oder hatten keine Meinung zu ihnen. 32 Prozent äußerten die Überzeugung, dass keiner der beiden Kanzlerkandidat werden sollte. Der verbleibende Rest spiegelt Laschets Umfragenmisere wider: Auch bei Jugendlichen ist der nordrhein-westfälische Ministerpräsident weniger beliebt als sein Amtskollege aus Bayern.
Obwohl die Bewegung Fridays for Future gezeigt hat, wie wichtig Themen wie Klimaschutz und Nachhaltigkeit für Jugendliche sind, und die Grünen bei vergangenen Wahlen vor allem in den jüngeren Altersgruppen punkten konnten, sieht es für die Parteivorsitzenden dort nicht besser aus.
Mehr als die Hälfte der Jugendlichen gab an, weder Robert Habeck noch Annalena Baerbock zu kennen, oder »keine Ahnung« zu haben, wer die Grünen in die Bundestagswahl führen sollte. Bei den Jugendlichen, die mit der grünen Spitze vertraut sind, liegen beide gleichauf, jeweils zehn Prozent würden sich Baerbock oder Habeck im Kanzleramt wünschen. Aber: Auch hier wollten immerhin 25 Prozent der Befragten weder Baerbock noch Habeck.
Auch bei der Bewertung einzelner Politikerinnen und Politiker zeigt sich, wie präsent Angela Merkel in der jüngeren Generation ist. Sie ist nicht nur mit Abstand die bekannteste unter den abgefragten Repräsentanten, sondern auch die beliebteste. 82 Prozent der Jugendlichen gaben an, Angela Merkel »okay« oder »gut« zu finden. Auf Platz zwei folgt der bayerische CSU-Ministerpräsident Markus Söder: Ihn finden immerhin 44 Prozent gut, 32 Prozent kennen ihn nicht.
Olaf Scholz hingegen, der bereits im August vergangenen Jahres zum SPD-Spitzenkandidaten gekürt wurde und seit drei Jahren das Amt des Vizekanzlers und Finanzministers innehat, haben viele Jugendliche offenbar nicht auf dem Schirm: 50 Prozent gaben an, Scholz nicht zu kennen. Andere Spitzenpolitiker wie Christian Lindner oder Armin Laschet stehen vor ähnlichen Problemen: Bei Jugendlichen sind sie weder besonders bekannt noch außerordentlich beliebt.
Und selbst jungen Politikern fällt es offenbar schwer, die Jugendlichen zu erreichen: Kevin Kühnert, bis vor Kurzem Chef der SPD-Jugendorganisation, kennen 67 Prozent der Befragten nicht. Philipp Amthor, den jüngsten Unionsabgeordneten im Bundestag, können dagegen immerhin 55 Prozent zuordnen. Beliebt ist Amthor jedoch nicht: 28 Prozent der Befragten finden ihn »nicht gut« oder »schlecht«. Damit fährt Amthor nach Armin Laschet den zweithöchsten Ablehnungswert ein.
Politisch desinteressiert sei die Gruppe der 16- bis 19-Jährigen aber nicht, sagt Harald Ehren, der die »Teengeist«-Erhebungen für Fischerappelt mit begleitet. »Wir haben in unseren vorherigen Umfragen gesehen, dass diese Generation durchaus politisiert ist.« Die Jugendlichen würden sich über gesellschaftspolitische Themen wie Nachhaltigkeit und Bildung viele Gedanken machen.
»Aber Jugendliche informieren sich zu solchen Themen eben oft über andere Kanäle«, sagt Ehren. Statt im Fernsehen oder in Zeitungen würden politische Inhalte auf Plattformen wie YouTube, Instagram oder TikTok konsumiert. Diese Zielgruppe auch dort zu erreichen, fällt Politikerinnen und Politikern bisher offenbar durch die Bank schwer.