Asylpolitik Deutschland nimmt Rückführungen in europäische Staaten wieder auf

Wegen der Pandemie hat Berlin vorübergehend verzichtet, Asylsuchende in jene EU-Länder zu schicken, in denen sie erstmals europäischen Boden betreten haben. Nun soll die Praxis schrittweise wiederaufgenommen werden.
Deutsch-französische Grenze: Zunächst sollen Migranten per Landweg wieder in andere EU-Länder überstellt werden

Deutsch-französische Grenze: Zunächst sollen Migranten per Landweg wieder in andere EU-Länder überstellt werden

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Uli Deck/ dpa

Mitte März hat Deutschland sich wegen der Corona-Pandemie abgeschottet und die Grenzen zu mehreren Nachbarländern geschlossen. Wenige Tage später wurden auch Rückführungen von Migranten in andere europäische Staaten ausgesetzt. Nun will die Bundesrepublik Asylsuchende wieder in andere EU-Länder überführen. Das bestätigte das Bundesinnenministerium der Nachrichtenagentur dpa auf Anfrage.

Nach den sogenannten Dublin-Regeln ist normalerweise jener EU-Staat für Asylanträge zuständig, in dem Schutzsuchende zuerst den Boden der Europäischen Union betreten haben. Wenn die Behörden in Deutschland feststellen, dass ein anderes Land für das Asylverfahren zuständig wäre, können sie Schutzsuchende in sogenannten Dublin-Überstellungen dorthin schicken. Auch Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein sind Teil des Systems.

"Mit der Aufhebung der Einschränkungen beim grenzüberschreitenden Verkehr sowie der Aufhebung der Reisewarnung für die EU ist auch der Überstellungsverkehr wiederaufzunehmen", heißt es in einem Konzept des Bundesinnenministeriums, das der dpa vorliegt. Die Überstellungen waren am 23. März ausgesetzt worden.

Zunächst auf dem Landweg, später per Flugzeug

Die Rückkehr zum regulären System soll demnach schrittweise erfolgen. So sollen Asylbewerber zunächst auf dem Landweg in Nachbarstaaten Deutschlands gebracht werden, später dann auch per Flug in andere Dublin-Länder, "vorzugsweise mittels Chartermaschinen". "Um zu verhindern, dass durch die Wiederaufnahme des Überstellungsverkehrs das Virus auf dem Kontinent gestreut wird, ist mit der gebotenen Vorsicht vorzugehen", heißt es in dem Papier.

Wer Symptome einer durch das Coronavirus ausgelösten Covid-19-Erkrankung zeigt oder nachweislich erkrankt ist, soll bis zur Genesung bleiben dürfen.

Der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, sprach von einer "Salamitaktik". Absehbares Ziel sei, früher oder später auch wieder Menschen in die Hauptankunftsländer Italien und Griechenland zurückzuschicken. "In Italien gab es schon vor Corona gravierende Mängel bei den Aufnahmebedingungen, vielen zurückgeschickten Asylsuchenden droht die Obdachlosigkeit", warnte Pro Asyl. "Es ist zu befürchten, dass die Auswirkungen der in Italien besonders massiven Coronakrise auf die Aufnahmebedingungen verheerend sind."

asc/dpa

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