Atommüll CDU will Energiekonzerne zur Kasse bitten

Atomkraftwerk Grafenrheinfeld: Wer zahlt für den Müll?
Foto: Karl-Josef Hildenbrand/ picture-alliance/ dpaHamburg - In der CDU gibt es Pläne, die Zusatzgewinne der Kernkraftwerksbetreiber aus der Laufzeitverlängerung auch für den Umgang mit dem Atommüll zu verwenden. "Atommüll überdauert auch die Energiewende", erklärte Verbraucherschutz-Staatssekretärin Julia Klöckner der "Financial Times Deutschland". Deshalb bedürfe es einer Verantwortungsrücklage, "die den kommenden Generationen zur Verfügung steht, damit sie die Altlasten schultern können", sagte die CDU-Politikerin weiter.
Nach den bisherigen Plänen der Union soll ein Großteil der zusätzlichen Milliardengewinne der Kraftwerksbetreiber im Falle längerer Laufzeiten abgeschöpft und vor allem für die Erforschung erneuerbarer Energien eingesetzt werden. Ähnliche Pläne hegt auch FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle. Allerdings meldete Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) am Wochenende verfassungsrechtliche Bedenken an, ob die Energiekonzerne im Gegenzug für längere Laufzeiten überhaupt zur Kasse gebeten werden können.
Die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) sagte, sie halte die Atomkraft auf absehbare Zeit noch nicht für verzichtbar. Sie verwies auf die Koalitionsvereinbarung, wonach die Kernkraft erst ersetzt werden könne, wenn erneuerbare Energien verlässlich zur Verfügung stünden. "Daran müssen wir noch arbeiten", sagte sie der "Passauer Neuen Presse".
Gönner widersprach damit Bundesumweltminister Norbert Röttgen, der einen Atomausstieg bis 2030 für realistisch hält. Vor der endgültigen Absage an die Kernkraft fordert Gönner ein umfassendes "Energiekonzept für Deutschland". "Verlässlich bedeutet rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr. Verlässlichkeit bedeutet auch, dass wir leistungsfähige Speichertechnologien und Netze zur Verfügung haben. Daran müssen wir noch arbeiten", sagte sie.
Ähnlich hatte sich zuvor Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geäußert. Der bayerische Umweltminister Markus Söder begrüßte Merkels Aussagen. "Die Klarstellung der Bundeskanzlerin ist richtig und wichtig", erklärte der CSU-Politiker und fügte hinzu: "Es braucht jetzt endlich eine Klärung, wie es weitergeht."
"Ökonomischer und ökologischer Unsinn"
Auch Michael Fuchs (CDU), Unionsfraktionsvize im Bundestag, äußerte sich kritisch. Es könne nicht angehen, "sichere deutsche Kernkraftwerke abzuschalten, um aus ausländischen Meilern, die nicht den deutschen Sicherheitsstandards entsprechen, Strom zu beziehen", sagte Fuchs der "Rhein-Zeitung". "Das ist ökonomischer und ökologischer Unsinn."
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast kritisierte den Umweltminister in der "Mittelbayerischen Zeitung" ebenfalls. "Röttgen hätte gerne, dass wir denken, er wolle einen schnelleren Ausstieg. Aber er kämpft für acht Jahre mehr." Künast sagte, die Grünen blieben beim Atomausstieg. "Röttgen muss die ältesten Meiler abschalten." Die Grünen-Politikerin erläuterte: "Meine Vision ist ein europaweites, dezentrales Netz für erneuerbare Energien eine Europäische Union für erneuerbare Energien, in der ich in Norddeutschland mein Elektroauto in der Steckdose mit Strom aus Schottland aufladen kann."
Auch der Chef des Energiekonzerns E.on, Wulf Bernotat, lehnte Röttgens Zeitplan ab. Der rasche Atomausstieg sei ein Fehler, sagte er der "Süddeutschen Zeitung" vom Wochenende. Die Kernenergie sofort und eins zu eins durch erneuerbare Energien verdrängen zu wollen, wäre der falsche Weg. Das hätte negative umwelt- und wirtschaftspolitische Konsequenzen, sagte Bernotat. Deutschland nehme sich so die Chance, mehr im Kampf gegen die Erderwärmung zu tun. In der Klimapolitik bedeute der Plan Röttgens zwei Jahrzehnte des Stillstands. "Wenn wir strengere Ziele erreichen wollen, reichen acht Jahre mehr wahrscheinlich nicht aus."