Atommüll Niedersachsen rebelliert gegen Endlager-Beauftragte

Die Koalitionsfraktionschefs Kauder und Oppermann waren sich einig: Die CDU-Frau Heinen-Esser sollte die Kommission zur Suche nach einem atomaren Endlager leiten. Doch nun gibt es Widerstand von Niedersachsens Landesregierung und von Umweltverbänden.
CDU-Politikerin Heinen-Esser: Auch in Teilen der SPD geschätzt

CDU-Politikerin Heinen-Esser: Auch in Teilen der SPD geschätzt

Foto: Michael Reichel/ picture alliance / dpa

Berlin - Um die Besetzung der Kommission, die bis Ende 2015 die Kriterien für ein atomares Endlager definieren soll, ist unter den Regierungsparteien, aber auch zwischen Bund und Ländern ein heftiger Streit ausgebrochen. Die Bundestagsfraktionschefs von Union und SPD, Volker Kauder und Thomas Oppermann, hatten sich intern auf die CDU-Politikerin Ursula Heinen-Esser als Vorsitzende der Kommission verständigt. Die 48-Jährige, zwischen 2007 und 2013 Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschafts- und Umweltministerium, stand auf der Vorschlagsliste der Union ganz oben. Weil sie auch in Teilen der SPD als verlässliche und kompetente Umweltexpertin geschätzt wird, stimmte Oppermann zu.

Doch kaum war die Personalie durchgesickert, signalisierten Umweltverbände Widerstand gegen die Entscheidung. Auch die rot-grüne Landesregierung von Niedersachsen legte sich quer. "Da reißen in Berlin Leute jeden Versuch der Vertrauensbildung mit dem Arsch wieder ein", empörte sich der grüne Umweltminister Stefan Wenzel.

Vor knapp einem Jahr, als das weitere Prozedere der Endlagersuche festgelegt worden war, habe man sich darauf verständigt, die Kommission "möglichst im Konsens" zu besetzen, sagte Wenzel zu SPIEGEL ONLINE. Das gelte natürlich zuerst für den Posten des Vorsitzenden. Heinen-Esser finde aber nicht die Zustimmung der Grünen. "Zu diesem Zeitpunkt eine Personalie durchzusetzen, die nicht abgestimmt ist, schürt größtes Misstrauen."

"Personalie mit der Brechstange"

Kritik kommt auch aus der SPD-Bundestagsfraktion: "Das ist der Versuch, eine Personalie mit der Brechstange durchzusetzen", sagt der Hannoveraner Bundestagsabgeordnete Matthias Miersch, der von der SPD-Bundestagsfraktion als einer von zwei Vertretern in die Kommission entsandt wurde.

SPD-Regierungsmitglieder in Hannover erinnern zudem daran, dass sich die sozialdemokratischen Ministerpräsidenten schon vor Monaten auf ein Verfahren bei der Besetzung des Vorsitzenden-Posten verständigt hätten. Angesichts der Edathy-Affäre formuliert ein Vertrauter von Ministerpräsident Stephan Weil sarkastisch: "Vielleicht waren Kauder und Oppermann in der vergangenen Woche durch andere Themen ein bisschen abgelenkt."

Der Streit bricht zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt aus. Zusammensetzen soll sich die 33-köpfige Kommission aus Wissenschaftlern, Vertretern aus Umweltverbänden, Wirtschaft, Gewerkschaften und Kirche sowie Bundestagsabgeordneten und Vertretern der Länder. Die Mitglieder sollen Kriterien für die Suche nach einer geeigneten Unterbringung für atomaren Müll festlegen.

Kirchen, Wirtschaft und Gewerkschaften haben ihre Vertreter bereits benannt. Nur in den Umweltverbänden ist seit Monaten eine heftige Diskussion im Gange, ob sie überhaupt zwei Vertreter für das Gremium benennen sollen. Eine regierungsnahe Vorsitzende aus den Reihen der Union stärkt nun jenen Kritikern den Rücken, die sich ohnehin gegen eine Beteiligung der Umweltorganisationen an der Endlagersuche stemmen.

Mitte März sollten Bundestag und Bundesrat die Kommissionsbesetzung eigentlich verabschieden. Neben Heinen-Esser waren bis zuletzt auch Ex-Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) und der SPD-Umweltexperte Ernst Ulrich von Weizsäcker als mögliche Kommissionsvorsitzende genannt worden.

Intern hat Heinen-Esser bereits ihre Bereitschaft signalisiert, den Vorsitz der Kommission zu übernehmen - auch wenn sie in der vergangenen Woche ab 2015 zur Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) berufen wurde. Konkret äußern will sich die CDU-Politikerin aber vorläufig nicht. "Erst müssen sich die Entscheidungsträger verständigen", sagt sie. "Politische Prozesse verlaufen manchmal anders, als man sich das wünscht".

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