Bankdaten Deutsche Terrorfahnder profitieren von Swift-Informationen

Online-Banking: US-Ermittler wollen Zugriff auf Daten von Millionen europäischen Bankkonten
Foto: ddpHamburg - Vor der Abstimmung über das umstrittene Swift-Abkommen im Europäischen Parlament warnen die USA die EU und Deutschland vor ernsten diplomatischen Folgen und Sicherheitslücken, sollte es nicht zustande kommen. Die US-Regierung sehe das Abkommen über den Austausch von Bankdaten zur Terrorbekämpfung als "ersten großen Testfall für die transatlantische Sicherheitskooperation nach dem Vertrag von Lissabon", sagte Adam Szubin dem SPIEGEL, der im US-Finanzministerium für das Terrorist Finance Tracking Program zuständig ist.
Das Swift-Abkommen soll US-Fahndern im Kampf gegen den Terrorismus Zugriff auf die Daten von Millionen europäischer Bankkonten erlauben - somit könnte jeder Europäer ins Visier der Fahnder geraten. Die USA zapfen zwar seit Jahren einen Server des Finanzdienstleisters Swift an, der fast alle europäischen Bankgeschäfte abwickelt. Der Zugriff ist aber seit Januar unterbrochen, da Swift die Rechner nach Europa verlegt hat. Ohne Zustimmung des EU-Parlaments will Swift keine Daten weitergeben.
Ein Scheitern des Abkommens wäre "sehr, sehr schädlich", sagte Szubin. Europa und insbesondere Deutschland seien derzeit "im Fadenkreuz des islamistischen Terrors und damit die Hauptprofiteure von Swift-Auskünften", so der US-Emissär, der vorige Woche mit mehreren Kollegen in Brüssel und Berlin versuchte, Kritiker vor der Abstimmung umzustimmen. Sogar Außenministerin Hillary Clinton wurde bei der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton vorstellig.
Gemischtes Echo in Brüssel
Szubin nannte in Berlin erstmals Zahlen: Danach hätten deutsche Behörden allein in den Ermittlungen gegen die Sauerland-Gruppe rund 20 Swift-Berichte aus den USA erhalten. Insgesamt seien seit 2006 deutlich mehr als hundert Swift-Auskünfte nach Deutschland gegangen.
Datenschutzbedenken versuchte der Experte zu zerstreuen: So seien bei jeder Abfrage durch US-Behörden in einem geheimen Regierungsgebäude in Washington Swift-Mitarbeiter zugegen. Es gebe zudem eine Reihe externer und interner Kontrollen, auch durch ein eigens eingesetztes Gremium der EU.
James Jones, Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, erklärte, die USA wollten beim Überprüfen von Bankkonten den Datenschutz garantieren. "Das Abkommen bietet Sicherheiten. Es schützt die Privatsphäre", sagte Jones am Samstag bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Das Abkommen habe Anschläge verhindert und Leben gerettet.
Das Echo auf die Überzeugungsversuche aus Amerika war in Brüssel gemischt. Ende der Woche zeichnete sich eine Mehrheit gegen das Abkommen ab: Nur die Fraktion der Konservativen (EVP) ist mehrheitlich für das Abkommen. Der Justiz- und Innenausschuss hat es vergangenen Donnerstag mit 29 zu 23 Stimmen abgelehnt. Die rechtlich bindende Entscheidung fällt indes erst am kommenden Donnerstag im Plenum.
Immer mehr Zugriffe auf Handy-Daten
Deutsche Geheimdienste haben derweil im Jahr 2008 deutlich mehr Auskünfte über Terrorverdächtige bei Telefongesellschaften und Banken eingeholt als im Vorjahr. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung stiegen die Einsätze von Mobilfunk-Ortungsgeräten (Imsi-Catcher) und sonstige Anfragen bei Telekommunikationsfirmen um 50 Prozent auf 78. Von den Überwachungsmaßnahmen seien 200 Personen betroffen gewesen.
Das Blatt beruft sich auf den Jahresbericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Die meisten Auskunftsverlangen seien vom Bundesamt für Verfassungsschutz gekommen (73), drei vom Militärischen Abschirmdienst und zwei vom Bundesnachrichtendienst.