Bayern CSU erzürnt über Scharia-Äußerungen aus der FDP
München - Die Scharia - in Bayern? Nicht einmal ansatzweise kann man in der CSU nachvollziehen, was der FDP-Landtagsabgeordnete Georg Barfuß einem Redakteur der "Süddeutschen Zeitung" sagte: Wo sich die Scharia mit dem Grundgesetz als vereinbar herausstelle, solle sie in Bayern erlaubt sein. Zudem sprach sich Barfuß für die Errichtung muslimischer Gotteshäuser aus. "Die Muslime sollen in Bayern so viele Moscheen bauen, wie sie wollen", sagte er - und dies wenige Tage nachdem sich Liberale und Christsoziale auf eine Koalition in Bayern eingegangen waren.
Statt eines harmonischen Starts gibt es nun den ersten Streit in der schwarz-gelben Koalition. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte in München, die Scharia werde "niemals Bestandteil unserer Rechts- und Werteordnung werden". Er sagte weiter: "Wir stehen zu einem toleranten und weltoffenen Bayern." Das islamische Recht hingegen stehe für "menschenverachtende Strafen wie Steinigung und Hand abhacken und für die Verachtung der Frau".
Herrmann sagte, man werde die christlich-abendländisch geprägte Rechts- und Werteordnung nicht preisgeben. "Das ist im Koalitionsvertrag mit der FDP nicht vereinbart und das wird auch nicht kommen", sagte er.
Barfuß sprach am Abend von einem "Missverständnis". Interpretationen, wonach er die "Einführung der Scharia in Bayern" gefordert habe, entsprächen nicht der Realität. Er habe nur darauf aufmerksam machen wollen, dass es für eine funktionierende Bürgergesellschaft kein Problem sein sollte, wenn Muslime eigene religiöse Prinzipien beherzigten, die nicht im Gegensatz zur Verfassung stünden. Alles, was mit Recht und Gesetz kollidiere, habe in Bayern keinen Platz. Auch der Bau von moslemischen Gotteshäusern in Bayern könne selbstverständlich nur in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften geschehen.
Kabinettsbildung: Seehofer setzt auf Nachwuchs
Der CSU-Landtagsabgeordnete Karl Freller sprach sich aufgrund der Äußerungen von Barfuß gegen dessen mögliche Berufung zum Integrationsbeauftragten der neuen Staatsregierung aus.
Ganz andere Gefechte hat gerade Horst Seehofer ausgefochten: Der neue Landes- und Parteichef hat seine Minister ausgesucht und dabei wenig Rücksicht auf Platzhirsche und Alteingesessene in der CSU genommen. Alle über 60 müssen raus - das schien sein Motto zu sein. Er setzt bei seinem neuen Kabinett ganz auf die Jungen.
Der Kabinettsliste zufolge bleiben lediglich Innenminister Joachim Herrmann und Justizministerin Beate Merk im Amt. Finanzminister wird der bisherige Finanzstaatssekretär Georg Fahrenschon, 40. Ins Umweltministerium wechselt der bisherige Europaminister Markus Söder, 41.
Eine Änderung erfolgt auch im Kultusministerium: Der bisherige Amtsinhaber Siegfried Schneider wird Staatskanzleichef. Sein Nachfolger wird der CSU-Landtagsabgeordnete Ludwig Spaenle. Neue Sozialministerin wird die bisherige CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer.
Eine Überraschung gibt es im Landwirtschaftsministerium. Hier wird der niederbayerische Landtagsabgeordnete Helmut Brunner Ressortchef. Zuvor hatten mehrere Zeitungen geschrieben, das Amt gehe an Umweltstaatssekretär Marcel Huber aus Oberbayern. Neue Europaministerin wird die bisherige Wirtschaftsministerin Emilia Müller.
Fest standen bereits seit dem Wochenende die zwei Minister, die von der FDP ins schwarz-gelbe Kabinett geschickt werden. Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident wird demzufolge der bisherige FDP-Fraktionschef Martin Zeil. Als Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst ist der FDP-Landtagsabgeordnete Wolfgang Heubisch vorgesehen. Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium wird die FDP-Landtagsabgeordnete Katja Hessel.
Von der CSU soll der unterfränkische Landtagsabgeordnete Bernd Weiß neuer Innenstaatssekretär werden, neuer Staatssekretär im Finanzministerium der Schwabe Franz Pschierer. Der bisherige Umweltstaatssekretär Huber wechselt auf diese Position im Kultusministerium. Der bisherige Wirtschaftsstaatssekretär Markus Sackmann löst im Sozialministerium Melanie Huml ab, die neue Staatssekretärin im Umweltministerium wird.
Als neuen CSU-Generalsekretär wird Seehofer den Bundestagsabgeordneten Karl-Theodor zu Guttenberg berufen (Porträt auf SPIEGEL ONLINE...). Die Personalien wurden offenbar in der Nacht zum Donnerstag bei einer vierstündigen Sitzung der engeren CSU-Spitze vereinbart.
asc/cht/AFP/AP/ddp/dpa/