Bayern CSU wählt Seehofer zum neuen Parteichef
Hamburg/München - Horst Seehofer ist neuer Vorsitzender der CSU. Vier Wochen nach dem Wahldesaster der Partei in Bayern wählten die Delegierten eines Sonderparteitags den bisherigen CSU-Vize am Samstag in München zum Nachfolger von Erwin Huber. Seehofer erhielt 786 von 870 gültigen Stimmen. Das sind 90,3 Prozent. 84 Delegierte stimmten mit Nein.
Der bisherige Bundesagrarminister Seehofer soll am Montag vom Landtag in München auch zum neuen Ministerpräsidenten gewählt werden. Huber und Regierungschef Günther Beckstein mussten nach dem Absturz der CSU bei der Landtagswahl Ende September ihre Ämter abgeben.

Neuer CSU-Chef Seehofer: Erster Schritt zur Machtübernahme in Bayern
Foto: DPADer Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Ramsauer, wurde mit einem deftigen Dämpfer zum stellvertretenden Vorsitzenden seiner Partei gewählt. Er erhielt gut 67 Prozent der Stimmen. Für den Oberbayern votierten 529 Delegierte, es gab 255 Nein-Stimmen. Ramsauer nimmt im Vorstand den Platz von Seehofer ein. Die drei weiteren stellvertretenden Vorsitzenden mussten nicht neu gewählt werden.
Seehofer beschwor einen neuen Kampfgeist und eine harte Gangart gegen die CDU. "Wir sind ein Kraftpaket als CSU", rief er. "Mein Arbeitsplatz ist künftig möglicherweise München. Aber meine Kampfkraft wird sich auch auf Berlin erstrecken." In der Parteiführung und an der Basis machte sich massiver Ärger über eine mangelnde Wahlkampf-Unterstützung durch Bundeskanzlerin Angela Merkel und die von ihr geführte CDU Luft.
Die Christdemokraten gratulierten Seehofer unmittelbar nach seiner Wahl zum CSU-Chef. Dieser habe "einen beeindruckenden Rückhalt in seiner Partei erfahren", sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Der Parteitag habe gezeigt, "dass die CSU stark und geschlossen ist". Seehofer werde seine Partei in Bayern und in Deutschland in eine gute Zukunft führen. Die CDU freue sich auf eine weiterhin vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit mit ihrer Schwesterpartei CSU.
Mit überwältigender Mehrheit hatte die CSU zuvor den Koalitionsvertrag mit der FDP gebilligt. Beim Parteitag in München gab es am Samstag nur vereinzelte Gegenstimmen und eine Enthaltung. Nach ihrem Wahldebakel in Bayern sind die Christsozialen erstmals seit 46 Jahren wieder auf einen Regierungspartner angewiesen.
Seehofer hatte den 71 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag zuvor in einer engagierten Rede eingebracht. Die Abmachungen trügen die Handschrift der CSU, sagte er. Seehofer sagte allerdings auch, Koalitionen müssten in Bayern ein einmaliges Ereignis bleiben. Ziel sei, die Alleinherrschaft zurückzuerobern.
In der Aussprache gab es Kritik eines Junge-Union-Vertreters zur standesamtlichen Eintragung homosexueller Lebensgemeinschaften und vereinzelte Nachfragen zu weiteren Punkten. Die zuständigen CSU-Landesminister verteidigten aber die Vereinbarungen und sprachen von einem fairen Kompromiss.
Seehofer bekam wenige Minuten nach seiner Wahl erste Glückwünsche aus Berlin, und zwar von der dortigen Opposition. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle gratulierte Seehofer zur Wahl und bot ihm eine "konstruktive und faire Zusammenarbeit" an. Mit Seehofer übernehme ein erfahrener Politiker das Steuer der CSU. Westerwelle fügte hinzu, dass CSU und FDP in Bayern für einen Neuanfang sorgen wollten, sei eine "große Herausforderung, aber zugleich eine große Chance für Bayern und Deutschland".
Der Vertrag mit der CSU war nach hektischen Verhandlungen und mehrtägigen Unterbrechungen erst am Freitagabend fertiggestellt worden. Überschattet wurden die Gespräche von der Milliardenkrise um die Bayerische Landesbank. Die FDP will den Koalitionsvertrag an diesem Sonntag auf einem Sonderparteitag billigen.
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flo/dpa/AFP/AP