Abc zur Wahl in Bayern Kennen Sie die Drachenmutter?

Katharina Schulze als Daenerys Targaryen
Foto: Andreas GregorA wie Asyltourismus
In der Flüchtlingsdebatte hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Begriff wiederholt benutzt und sich damit auf Menschen bezogen, die erst in einem anderen EU-Staat und dann noch in Deutschland einen Asylantrag stellen wollen. Söder wurde dafür parteiübergreifend kritisiert (=> Verrohung). Wenig später ruderte Söder zurück. "Für mich persönlich gilt: Ich werde das Wort Asyltourismus nicht wieder verwenden, wenn es jemanden verletzt."
B wie "Bavaria One"
Söder plant ein bayerisches Raumfahrtprogramm. "Wir starten Bavaria One", twitterte der Regierungschef: "Mit unserem Raumfahrtprogramm entwickeln wir aus dem All Lösungen für Probleme der Menschen, bei Medizin oder Ökologie." Kosten: etwa 700 Millionen Euro. Dafür gibt es einen bayerischen Satelliten und die größte Raumfahrtfakultät Europas an der TU München.
Wenig später twitterte der bayerische Ministerpräsident ein Foto von sich am Rednerpult; hinter ihm auf der Bühne ist ein Logo von "Bavaria One" zu sehen mit Söders übergroßem Konterfei - eine Wahlkampfidee der Jungen Union (=> Yoda). Kritiker reagierten mit Hohn - zu Unrecht, meint ein Wissenschaftler , der das "Bavaria One"-Konzept mitentwickelt hat.
C wie Christentum
Fragen des Glaubens und der kulturellen Identität spielen eine große Rolle im Wahlkampf. Ein Beschluss des bayerischen Kabinetts sieht vor, dass in jeder bayerischen Behörde ein Kreuz hängen soll (=> Kreuz). Ludwig Hartmann, Spitzenkandidat der Grünen, kritisierte Söders Kreuzerlass: "Das Kreuz gehört den Gläubigen, es gehört nicht dem Staat." Den Amtseid als Ministerpräsident würde er ohne die Gottesformel ablegen, so Hartmann auf Nachfrage (=> Rundfunk).
D wie Drachenmutter
"Game of Thrones" ist die Lieblingsserie der Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze. Beim Fasching verkleidete sie sich als Daenerys Targaryen, die Drachenmutter aus der Kultserie. Daenerys ist eine Idealistin, die Sklaven befreit, zugleich aber eine Strategin, die ein Königreich erobern will. Das passe ganz gut zu ihrem Vorhaben, die absolute Mehrheit der CSU zu brechen, sagt Schulze.

Katharina Schulze
Foto: Andreas GebertE wie Ewigkeit
Seit 1957 stellt die CSU in Bayern den Ministerpräsidenten, die meiste Zeit davon, ohne auf einen Koalitionspartner angewiesen zu sein. Von 2008 bis 2013 bildeten die Christsozialen eine Regierung mit der FDP, ehe sie die absolute Mehrheit zurückgewannen.
F wie Familiengeld
Seit September zahlt Bayern an Eltern von Kindern im zweiten und dritten Lebensjahr 250 Euro pro Monat und Kind, vom dritten Kind an gibt es 300 Euro. Eine Konsequenz der Familiengeldeinführung ist ein Streit mit der Bundesregierung über die Anrechnung von Hartz-IV-Zahlungen.
G wie Gemeinnützige Bayerische Wohnungsbaugesellschaft (GBW)
2013 verkaufte die Bayerische Landesbank etwa 33.000 halbstaatliche Wohnungen für gut 2,5 Milliarden Euro an private Investoren. Als damaliger Finanzminister gehörte Markus Söder zu den Verantwortlichen. Mieter klagten in der Folge über Mieterhöhungen. Der Landtag setzte mit den Stimmen der Opposition einen Untersuchungsausschuss ein, aber einen Rechtsverstoß konnte die Opposition Söder nicht nachweisen. Im Wahlkampf bleibt der Verkauf der GBW-Wohnungen dennoch Thema. Die Wohnungen hätten in öffentlicher Hand bleiben können und sollen, so der Vorwurf der SPD an die Regierung. Einer Übernahme durch den Freistaat hätte das EU-Beihilfenrecht entgegengestanden, argumentiert die CSU.
H wie Horst
Dass bundespolitische Debatten sich auch bei Landtagswahlen auswirken, ist nicht unüblich. Die Art, wie die Berliner Regierungskonstellation auf Bayern ausstrahlt, ist es sehr wohl. CSU-Chef Horst Seehofer ist als Innenminister Mitglied einer Bundesregierung, die in den vergangenen Monaten gleich zweimal kurz vor dem Zerwürfnis stand.

Horst Seehofer, Markus Söder
Foto: Sebastian Widmann/ Getty ImagesSowohl im Unionsstreit als auch in der Causa Maaßen gehörte Seehofer zu den Hauptfiguren. Das Vorgehen des CSU-Chefs trifft bisweilen auch seine Parteifreunde in Bayern unvorbereitet: "Der Horst hat uns gestern alle sehr überrascht", sagte Söder Anfang Juli. Seehofer hatte in der Nacht zuvor erst seinen Rücktritt vom Amt des Bundesinnenministers und als CSU-Chef angeboten - um dann noch mal einen allerallerletzten Versuch der Einigung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel anzukündigen.
Nun, kurz vor der Wahl, schieben sich Seehofer und Söder bereits die Schuld für die mögliche Schlappe zu. Während der Ministerpräsident die Große Koalition in Berlin kritisiert, gibt der CSU-Chef zu Protokoll, dass er mit dem bayerischen Wahlkampf nichts zu tun habe, zuständig sei doch Söder.
I wie Islamunterricht
Die AfD sorgt mit einem Plakat im Wahlkampf für Empörung. Darauf sind gut gelaunte Jugendliche zu sehen, die über einen Schulflur hüpfen. Unter dem Foto steht "Islamfreie Schulen", darüber "Deutsche Leitkultur". "So ein Plakat befeuert bestimmte Stimmungen, die vor der Schultür nicht haltmachen, und das ist gefährlich", kritisierte Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (BLLV). "Kinder an sich grenzen andere nicht aus."
J wie Josefa
Bei der Aufarbeitung eines Skandals in der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge spielte eine Beamtin aus Bayern eine zentrale Rolle: Josefa Schmid, Diplom-Verwaltungswirtin und ehrenamtliche Bürgermeisterin von Kollnburg im Bayerischen Wald.

Josefa Schmid
Foto: picture alliance / dpaSchmid war früher in der CSU. Nach einem politischen Streit trat sie in die FDP ein und kandidiert nun als Liberale für den Landtag.
K wie Kreuz
Auf Initiative Söders beschloss das bayerische Kabinett im April, dass in allen Behördengebäuden im Eingangsbereich ein Kreuz angebracht werden soll. Der Schritt wurde von Kirchenvertretern als Instrumentalisierung des Kreuzes zu Wahlkampfzwecken kritisiert (=> Christentum).
L wie Livestream
In Umfragen liegen die Grünen klar vor der SPD. Der Bayerische Rundfunk entschied deshalb, dass beim traditionellen TV-Duell Grünen-Spitzenkandidat Hartmann gegen Söder antreten würde statt SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen (=> Rundfunk).

Natascha Kohnen
Foto: Andreas Gebert/ Getty ImagesKohnen nannte die Entscheidung des BR "absurd". Statt einem TV-Duell gab es dann Söder versus Kohnenim Internet: Die "Nürnberger Nachrichten" übertrugen per Livestream das 90-minütige Duell.
M wie Musterland
Bayern sei ein "Musterland und eine Blaupause für andere", sagte Söder in seiner jüngsten Regierungserklärung. Bei allen Kennzahlen liege das Bundesland vorn: in der Bildung, beim Wirtschaftswachstum, in der inneren Sicherheit (=> Traumwohnung).
N wie Nürnberg
Nürnberg ist die Heimatstadt Markus Söders - und gilt traditionell als Hochburg der Sozialdemokraten in Bayern. Bei der Bundestagswahl im vergangenen September verzeichneten aber sowohl CSU als auch SPD deutliche Stimmverluste.
O wie Obergrenze
Im Bundestagswahlkampf 2017 hatte Seehofer eine Obergrenze für Flüchtlinge gefordert. Die Zahl sollte 200.000 Geflüchtete im Jahr nicht übersteigen. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD steht nun, dass die Zuwanderungszahlen "die Spanne von jährlich 180.000 bis 220.000 nicht übersteigen werden". Der Begriff Obergrenze wird im Papier nicht verwendet.

Horst Seehofer (links), Markus Söder, Ilse Aigner
Foto: Tobias Hase/ dpaP wie Polizeiaufgabengesetz
Die CSU-Regierung hat die Befugnisse der bayerischen Polizei mit einer umstrittenen Gesetzesänderung erweitert. Anders als bisher darf die Polizei nicht mehr erst einschreiten, wenn Ermittler konkrete Indizien für eine geplante Straftat haben. Stattdessen genügt jetzt ganz allgemein eine "drohende Gefahr". FDP, Linke und Grüne klagen vor dem Bundesverfassungsgericht gemeinsam gegen das Gesetz.
Q wie Querkopf
Der Mann sei ein "eigensinniger Querkopf" , das finde er sympathisch, sagte Münchens früherer Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) einst über Hubert Aiwanger. Der 47-jährige Landwirt Aiwanger ist Vorsitzender und zentrale Figur der Freien Wähler.

Hubert Aiwanger
Foto: Matthias Balk/ dpaAiwanger bezeichnete die Freien Wähler zuletzt als "die letzten vernünftigen Konservativen" - und hofft auf eine Koalition mit der CSU nach der Wahl.
R wie Rundfunk
Im traditionellen BR-Fernsehduell traf der Spitzenkandidat der CSU in diesem Jahr erstmals auf einen Grünen (=> Livestream). Auf die Frage, ob er mit der CSU koalieren würde, sagte der Grüne Hartmann: "Wir haben ganz andere Politikansätze." Aber man sei "gerne gesprächsbereit".

Markus Söder (Mitte) und Ludwig Hartmann (rechts)
Foto: Sven Hoppe/ dpaS wie Spießertum
Söder bezeichnete im TV-Duell das Programm der Grünen als "klassisches spießiges Grünen-Programm": mit altbekannten Feindbildern und Schablonen. Ausschließen wollte Söder eine Koalition aber nicht.
T wie Traumwohnung
Umfragen sehen die CSU weit entfernt von einer absoluten Mehrheit. Ministerpräsident Söder sieht seine Partei trotzdem noch immer als "Penthouse der deutschen Demokratie". Es gebe keine Partei in Deutschland, die solche Umfragewerte hätte wie die CSU, sagte Söder jüngst im Deutschlandfunk .
U wie Union der Mitte
Der Münchner CSU-Politiker Stephan Bloch rief im Juli die "Union der Mitte" ins Leben. Die Initiative wendet sich gegen den Kurs und die Wortwahl der CSU-Führung in der Flüchtlingsdebatte (=> Verrohung). Die CSU ging gegen die Initiative vor: Die "Union der Mitte" sei ein grober Verstoß gegen die Parteistatuten, hieß es in einem Brief an Bloch. Neue Vereinigungen innerhalb der CSU seien nur mit Zustimmung des Vorstands erlaubt.
V wie Verrohung
Die CSU-Führung geriet in den vergangenen Monaten wiederholt wegen ihrer Rhetorik in der Flüchtlingsdebatte in die Kritik. "Worte wie Asyltourismus stammen aus dem Repertoire der politischen Gossensprache", sagte FDP-Chef Christian Lindner. Er wolle nicht, "dass unsere Demokratie so verroht und verprollt wie die amerikanische unter Donald Trump". Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte mehr "Disziplin bei der Sprache" (=> Asyltourismus).
W wie Wand
Bei Markus Söder hing der Übervater über dem Bett. Vor drei Jahren postete der bayerische Ministerpräsident auf Facebook ein Foto von sich in jungen Jahren: Söder steht in seinem Zimmer und zeigt auf ein Poster von
Franz Josef Straußan der Wand. . "Das war das Poster über meinem Bett in der Jugendzeit", schrieb Söder dazu. "Was hing bei euch?"

Franz Josef Strauß
Foto: Frank Mächler/ dpaStrauß hatte einst vorgegeben: "Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben." Rechts von seiner Partei sei "nur noch die Wand". Bei der Wahl am Sonntag wird sich wohl die AfD zwischen die CSU und die Wand drücken.
X wie X
Wie viele Bayern werden am Sonntag ihr Kreuz machen? Im Jahr 2013 lag die Wahlbeteiligung in Bayern bei 63,6 Prozent. Verglichen mit den Wahlen 2003 (57,1 Prozent) und 2008 (57,9 Prozent) ein Anstieg; langfristig geht die Wahlbeteiligung aber zurück: In den Neunzigerjahren hatte sie noch konstant zwischen 65 und 70 Prozent gelegen.
Y wie Yoda
Sind die Raumfahrtpläne (=> "Bavaria One") des bayerischen Regierungschefs womöglich Ausdruck einer tieferen Sehnsucht? Söder ist bekennender "Star Wars"-Fan. Er habe einen "Keller voller Lichtschwerter, weil ich immer wieder eins geschenkt bekomme", sagte Söder dem "Donaukurier".
Z wie Zerfleischen
Wie bemüht Markus Söder ist, auf möglichst große Distanz zu den Querelen in der Bundesregierung zu gehen, zeigte sich nicht zuletzt im TV-Duell. Man könne in Berlin sehen, was passiert, wenn Koalitionen zusammengeschweißt werden, die gar nicht zusammengehören, so Söder. "Das tägliche Sichzerfleischen, das möchte ich in Bayern nicht." Der Grüne Hartmann konterte: "Es ist doch Ihr Parteivorsitzender, der für Chaos sorgt" (=> Horst).