Koalitionsszenarien nach der Wahl Wer regiert künftig in Bayern?

Söder: Muss mit Bavaria Two planen, einer Zwei-Parteien-Koalition.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand/ dpaLange war in Bayern politisch alles ganz einfach: Die CSU stellte den Ministerpräsidenten (seit 1962 ununterbrochen) und regierte in der Regel allein (nur zweimal brauchte sie in diesen 56 Jahren einen Koalitionspartner).
Doch diesmal könnte alles anders sein: Dass die CSU von Ministerpräsident und Spitzenkandidat Markus Söder ihre absolute Mehrheit verteidigt, scheint angesichts der Umfragen unwahrscheinlich - möglicherweise braucht sie im neuen Landtag sogar mehr als einen Koalitionspartner, um weiterregieren zu können.
Vieles ist möglich, wenn in der Nacht von Sonntag auf Montag das vorläufige Endergebnis fest steht - hier der Überblick über die denkbaren Konstellationen.
- Absolute Mehrheit
Dass die CSU auch nur in die Nähe ihrer 47,7 Prozent von 2013 kommt, scheint angesichts der aktuellen Umfragezahlen ausgeschlossen. Zuletzt lagen die Christsozialen je nach Institut bei Werten zwischen 33 und 35 Prozent.
Nur sind das nach wie vor nur Prognosen, dazu kommt die statistische Fehlertoleranz von gut zwei Prozentpunkten nach unten - oder oben. Wenn man dann im Sinne der Christsozialen auch noch die Mobilisierungskraft der über Jahrzehnte geölten CSU-Wahlkampfmaschine einbezieht, die im Optimalfall mit der sehr späten Entscheidung vieler Bürger zusammenkommt, könnten Söder und Parteichef Horst Seehofer am Ende doch noch auf ein Ergebnis von 40 Prozent hoffen. Dazu kommt, dass die CSU bei der Zahl ihrer Landtagsmandate vom besonderen bayerischen Wahlrecht profitieren könnte.
Denkt man weiter so rosarot aus CSU-Sicht, könnten die Christsozialen dann schließlich doch in die Nähe einer absoluten Mehrheit kommen - wenn FDP und Linke jeweils knapp an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern und weitere kleine Parteien einige Prozent der Stimmen auf sich ziehen.
Wahrscheinlichkeit: äußerst gering
- CSU-Grüne
Für die CSU wäre es schon ein Schlag, überhaupt eine Koalition eingehen zu müssen - die Grünen als Partner wären dann eine weitere Zumutung: CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer hat eine Koalition mit den Grünen bereits ausgeschlossen.
Schwarz-Grün könnte dennoch kommen. In Bayern mitzuregieren, dem CSU-Stammland, das wäre für die ehemalige Spontipartei der endgültige Beweis dafür, im bürgerlichen Lager angekommen zu sein. Die bayerischen Grünen wollen regieren und zeigen, dass sie Verantwortung übernehmen können. Seit der Bundestagswahl profitieren sie von der Krise der Großen Koalition. Ihr Höhenflug wäre dann - endlich - durch ein Wahlergebnis bestätigt und würde nicht mehr nur auf Umfragen basieren. Aus CSU-Sicht spricht allein die Mathematik für diese Koalition: Das Bündnis mit den Grünen wäre möglicherweise die einzige Zweierkoalition mit einer Mehrheit im Landtag.
Die beiden Parteien trennt allerdings inhaltlich vieles - nicht nur beim Dauerstreitthema Zuwanderung. Beide Seiten müssten also schmerzhafte Kompromisse eingehen, um gemeinsam regieren zu können.
Wahrscheinlichkeit: möglich
- CSU-SPD (plus FDP)
Schwarz-Grün - damit könnte sich die CSU ein bisschen progressiv geben, auch ein bisschen abenteuerlustig. Aber will das die Parteiführung, will das vor allem Ministerpräsident Söder überhaupt? Einiges spricht dafür, dass er eine Koalition mit den Sozialdemokraten bevorzugen würde. Das wäre das Modell Stabilität. Keine Experimente. Und SPD-Chefin Natascha Kohnen würde dann wohl als Vize-Ministerpräsidentin die Landesregierung schon ein bisschen aufmischen - alleine, weil sie gerne ihre Meinung sagt.
Wie mit den Grünen gäbe es für die CSU auch mit der SPD einige Streitpunkte beim Thema Flüchtlingspolitik, doch ansonsten könnte man wie im Bund mit den Sozialdemokraten vieles rasch vereinbaren. Investitionen, Mietenpolitik, Pflege - da sind CSU und SPD nah beieinander.
Zwei Fragen bleiben: Würde die SPD überhaupt regieren wollen, wenn sie so schlecht wie erwartet abschneidet? Und reicht es dann überhaupt zu einer gemeinsamen Mehrheit im Landtag? Notfalls könnte man dann natürlich noch die FDP als dritten Koalitionär werben (falls es die Liberalen in den Landtag schaffen) - 2013 stand die Partei auch bereit, als die CSU einen willigen Partner brauchte.
Wahrscheinlichkeit: möglich
- CSU-Freie Wähler (plus FDP)
Die Freien Wähler in Bayern wollen unter ihrem allmächtigen Vorsitzenden Hubert Aiwanger schon seit Jahren mitregieren, aber beim letzten Mal brauchte die CSU keinen Partner, 2008 wiederum wollte Horst Seehofer, der nach dem Doppelabgang von Ministerpräsident Günther Beckstein und Parteichef Erwin Huber direkt die Regierungsbildung übernahm, nicht mit den Freien Wählern koalieren.
Diesmal dürfte Söder den Ton angeben bei der Regierungsbildung - und der scheint einer Koalition mit Aiwanger nicht abgeneigt zu sein. Bei einer Regierung mit den Freien Wählern gäbe es ideologisch wenig Reibung, dafür bei dem ein oder anderen Sachthema. Aber Söder und Aiwanger sind pragmatisch genug, um dafür Lösungen zu finden.
Video: Tradition und Toleranz
Mögliches Problem wie bei der Option Schwarz-Rot: eine gemeinsame Mehrheit im Landtag. Dann könnte, siehe oben, die FDP als dritter Partner bereitstehen.
Wahrscheinlichkeit: möglich
- Grüne-SPD-Freie Wähler-FDP
Die sogenannte "Regenbogenkoalition" wäre schon nach der Landtagswahl 2008 möglich gewesen, damals hätten SPD, Grüne, Freie Wähler und FDP eine gemeinsame Mehrheit gehabt. Die Sache wurde damals sogar vorsichtig sondiert, dann aber doch verworfen.
Auf Landesebene gab es erst einmal eine Viererkoalition gegen die CSU: Von 1954 bis 1957 bildeten die SPD, die Bayernpartei, die BHE (Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten) und die FDP eine Regierung unter der Führung des Sozialdemokraten Wilhelm Hoegner. Hoegner ist bis heute der einzige Ministerpräsident in Bayern, der nicht der CSU angehörte.
Das wird voraussichtlich auch vorerst so bleiben. Denn eine Regenbogenkoalition ist sehr unwahrscheinlich, alleine wegen der Schwierigkeit, vier Parteien mit teilweise sehr großen inhaltlichen Differenzen in einer Regierung unter einen Hut zu bekommen. Eine stabile Regierung sähe wohl anders aus.
Wahrscheinlichkeit: möglich, aber kaum vorstellbar
Video: Spitzenkandidaten bei der Stimmabgabe