
Bedingungsloses Grundeinkommen Deutschland steigt aus


Geld geschenkt
Foto: Thomas Ruecker / Getty ImagesDer Berliner Verein "Mein Grundeinkommen e. V." sucht 120 Probanden, denen er jeden Monat 1200 Euro schenken kann, drei Jahre lang, insgesamt 43.200 Euro. Praktisch ohne Gegenleistung. Ab und zu werden Sie einen Fragebogen ausfüllen müssen. Vielleicht wird eine Haarprobe verlangt.
Der Verein will in einer wissenschaftlichen Studie zeigen, wie sich ein bedingungsloses Grundeinkommen auf Lebensqualität, Zufriedenheit und sogar auf die Gesundheit auswirkt. Deshalb die Sache mit den Haaren. Auf der Website stehen bereits Erfolgsgeschichten früherer Testpersonen. Da ist Michael aus Sachsen, der seinen Beruf als Kindergärtner aufgab, um als Mönch verkleidet über Jahrmärkte zu tingeln. Oder Katrin aus Köln, die es geschafft habe, ihre "Karriere als selbstständige Künstlerin auf ein neues Level zu heben". Oder der 13-jährige Apuan aus Berlin, der mit ein paar Tausend Euro Taschengeld im Rücken beschloss: "Ich will YouTuber werden."
Nun freue ich mich mit jedem, der seinen Traum lebt, meinetwegen sogar als Mönchsdarsteller auf Mittelaltermärkten. Wenngleich man sich fragt, wer sich um die Kinder im Kindergarten kümmert, seit Michael gekündigt hat.
Ich staune aber darüber, dass so viele Menschen bereit sind, für den Traum anderer zu zahlen. Gut 140.000 Privatpersonen haben laut Verein dafür gespendet, anderen ein bedingungsloses Grundeinkommen zu ermöglichen. Eine Großherzigkeit, von der viele karitative Organisationen nur träumen können.
Woher kommt die Begeisterung fürs Grundeinkommen? Mein Eindruck ist, dass es sich um zwei Fangruppen handelt, die eine seltene Allianz bilden. Zum einen sind es Linke wie Katja Kipping und Richard David Precht. Zum anderen Libertäre vor allem aus der Tech-Welt, von Peter Thiel bis Elon Musk.
Für die Linken geht es um eine Art Hippie-Sozialismus: Jeder darf machen, was er will. Hinter ihrer Faszination fürs Grundeinkommen steckt ein sonniges Menschenbild. Dass sich manche Leute auf die faule Haut legen, wenn es Geld fürs Nichtstun gibt, können sie sich offenbar gar nicht vorstellen.
Das Menschenbild der Libertären hingegen ist nicht sonnig, sondern finster. Sie glauben, dass viele Beschäftigte wegen der Digitalisierung demnächst überflüssig sind. Das Grundeinkommen dient als Stilllegungsprämie für diese menschlichen Minderleister.
Ich glaube, dass beide Seiten, die sonnigen Linken und die finsteren Libertären, falschliegen. Bei einem realistischen Menschenbild sieht die Sache wohl eher so aus: Das bedingungslose Grundeinkommen würde die Leistungsbereitschaft von Menschen beschädigen, die auch im digitalen Zeitalter dringend gebraucht werden.
Insofern freue ich mich, dass die Sache nun wissenschaftlich untersucht wird. Bewerben Sie sich! Am 10. November ist Anmeldeschluss.