Die Lage am Abend Deutschlands wichtigster V-Mann packt aus
Liebe Leserin, lieber Leser, guten Abend!
Wir beschäftigen uns heute mit einem Phantom. Unter dem Decknamen Murat Cem überführte er als V-Mann der Polizei Mörder, Dealer und Waffenhändler - fast 20 Jahre lang. Sein letzter Einsatz führte ihn in die Islamistenszene, wo er den späteren Terroristen Anis Amri traf. Cem konnte dessen Anschlag in Berlin nicht verhindern. Das Attentat ist die große Tragödie des Informanten. Jetzt spricht er erstmals und exklusiv über sein Leben.
Das Thema des Tages: Deutschlands wichtigster V-Mann
Der Mann, der sich in seinen Einsätzen Murat Cem nannte, ist der wohl wichtigste Polizeispitzel der deutschen Kriminalgeschichte. Er war eine sogenannte Vertrauensperson (VP) der Polizei, dessen Arbeit fast zwei Jahrzehnte lang im Verborgenen stattfand.
Als V-Mann war Cem alias VP01 ein Star, ein Vollprofi in einem Beruf, den es eigentlich gar nicht gibt. Etwa 60 Einsätze, so sagte ein Beamter später, absolvierte Murat Cem in all den Jahren für die Polizei. Er brachte Mörder, Dealer und Waffenhändler hinter Gitter.

V-Mann VP01
Foto: Marcus Simaitis für den SPIEGELEr sei der Allerbeste in der ganzen Republik gewesen, priesen ihn Beamte. Und dann, auf dem Zenit seines Schaffens, traf Cem auf Anis Amri. Er freundete sich vorgeblich mit dem Tunesier an und erkannte die Gefahr, die von dem Islamisten ausging. Er warnte die Polizei vor Amri, doch die zog ihn schließlich trotzdem von ihm ab. "Viele Menschen verwünschen den Tag, an dem sie mich trafen", sagt Cem. "Ich verfluche den Tag, an dem ich Anis Amri begegnet bin."
Cem wandte sich im Frühjahr 2019 an den SPIEGEL. Er war als V-Mann kaltgestellt worden und wollte nun erstmals aus seinem Leben erzählen. Dutzende Tage, Hunderte Stunden, sprach ein SPIEGEL-Team mit Cem, in angemieteten Wohnungen, in Hotels, Cafés, auf Raststätten, in Autos, tagsüber und manchmal auch nachts. Meine Kollegen Roman Lehberger, Fidelius Schmid und ich, Jörg Diehl, trafen Weggefährten Cems, lernten dessen Familie kennen, befragten Kriminelle und Polizisten, Verteidiger und Staatsanwälte. Wir wühlten uns durch Zehntausende Seiten Akten, vor allem aus Cems Fällen gegen prominente Islamisten. Schließlich tauchten wir in ein Leben ein, das so voller "Action" war, wie Murat selbst sagt, dass man zehn Leben damit füllen könnte und immer noch keine Langeweile aufkäme.
So entstand die aktuelle Titelgeschichte, die Sie hier auf SPIEGEL+ lesen können . Zudem erscheint am 11. Mai das SPIEGEL- Buch "Undercover. Ein V-Mann packt aus".
SPIEGEL TV zeigt am Montagabend eine Schwerpunktsendung über Cem (RTL, 23.20 Uhr).
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Herzliche Grüße,
Jörg Diehl