
Kommentar Was uns stark macht


Tatort in Berlin am Breitscheidplatz
Foto:HANNIBAL HANSCHKE/ REUTERS
Zwölf Menschen sind tot, viele mehr schwer verletzt, kurz vor Weihnachten. Sie wollten nur einen schönen Abend genießen, abschalten von der Hektik des Alltags, vielleicht einen Glühwein trinken, mit Freunden oder Verwandten reden. Es ist immer schwer in Worte zu fassen, welches Leid Menschen anderen, vollkommen unschuldigen Menschen, zufügen können. In Aleppo, Nizza, Orlando und jetzt hier bei uns, in Berlin.
Die Blutpumpe läuft und läuft. Sie wird wird immer wieder neu befüllt von hassenden Einzeltätern aber auch von Gruppen, die für vermeintlich höhere Ziele kämpfen, die aus Rache töten, aus purer Lust oder im religiösen Wahn. Der Anschlag auf einen friedlichen Weihnachtsmarkt mitten in Berlin zeigt auf schreckliche Weise: Auch Deutschland ist verwundbar. Trotzdem und gerade deshalb gilt es nun, einen kühlen Kopf zu bewahren, besonnen zu bleiben, vernünftig zu sein. Auch wenn es schwerfällt.
Vernünftig ist es, Hass, Misstrauen zwischen Deutschen, Ausländern, Muslimen, dem Westen oder dem Süden, Osten nicht weiter anzufachen. Hysterie, Xenophobie, blindes Draufschlagen helfen niemandem und lösen kein Problem.
Vernünftig ist es, nichts zu beschönigen oder zu verschweigen: Der mutmaßliche Attentäter von Berlin kam womöglich als Flüchtling ins Land. Das wäre ein Problem. Deshalb müssen Sicherheitslücken, die sich durch die Einreise der vielen Migranten ergeben, angesprochen und minimiert werden. Versäumnisse müssen aufgedeckt und analysiert werden. Das ist die Aufgabe der Bundesregierung, der Parlamente und der Sicherheitsbehörden.
Vernünftig ist es, die eigenen Stärken zu erkennen: Deutschland ist ein Ziel von Terroristen. Doch es ist eine starke Demokratie. Die Institutionen des Staates funktionieren. Dass ein solcher Anschlag passieren könnte, war seit Langem befürchtet worden. Es gibt keinen absoluten Schutz vor Terror. Aber die Sicherheitsbehörden haben eben auch schon etliche andere Attentatspläne vereitelt. Terroristen und ihre Unterstützer aus dem In- und Ausland können und werden mit Härte verfolgt. Dafür gibt es unter anderem den Paragrafen 129 im Strafgesetzbuch. Dafür gibt es die Verfassungsschutzbehörden, die besten Staatsanwaltschaften, die besten Sondereinheiten der Polizei.
Vernünftig ist es, sich Hasspredigern in den Weg zu stellen: Wer die Lage jetzt, wie die Zyniker von der AfD, ausnutzen will, um Menschen gegen Menschen aufzuhetzen, betreibt das Geschäft der Terroristen. Sie wollen uns auseinandertreiben, sie wollen uns verunsichern und einen Krieg der Kulturen heraufbeschwören. Ihr Hass soll immer neuen Hass erzeugen. Das ist der Weg, der geradewegs ins Unheil führt. Wir dürfen ihn nicht mitgehen.