Berliner Pannen-Airport Kein Geld, kein Plan, kein Termin

Die Eröffnung des neuen Berliner Großflughafens wird wohl abermals verschoben. Beim Brandschutz hapert es noch immer, außerdem ist völlig unklar, woher die fehlenden Milliarden kommen sollen. Statt März 2013 peilen die Planer nun eher den Sommer an - oder gar Herbst.
Baustelle des Flughafens Berlin Brandenburg: Eröffnung im Sommer 2013 - oder im Herbst?

Baustelle des Flughafens Berlin Brandenburg: Eröffnung im Sommer 2013 - oder im Herbst?

Foto: dapd

Berlin - Es sollte der Befreiungsschlag in der leidigen Affäre um den neuen Hauptstadtflughafen werden: Für die Sitzung des Aufsichtsrats am 16. August, so vereinbarte das Aufsichtsgremium, sollte das Finanzierungskonzept stehen. Und der neue Technikchef der Flughafengesellschaft, Horst Amann, sollte definitiv erklären, ob der Eröffnungstermin im März zu halten ist. So hatten es sich Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und der Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck vorgestellt.

Doch kurz vor der Sitzung des Gremiums deutet alles daraufhin, dass es mit der erhofften Planungssicherheit für den Flughafen mit dem Kürzel BER wieder einmal nichts wird. Amann, der erfahrene Flughafenbauer aus Frankfurt, kann derzeit nicht sagen, ob der Flughafen im März betriebs- und genehmigungsreif ist. Er wird, so heißt es aus Kreisen der Gesellschafter, eine Vertagung beantragen, erst einmal um einen Monat.

Und das hat Folgen: So lange aber der Eröffnungstermin nicht feststeht, kann das abschließende Finanzierungskonzept für den Mehrbedarf von mindestens 1,2 Milliarden Euro nicht vorgelegt werden. Für die staatliche Flughafengesellschaft, der langsam aber sicher das Geld ausgeht, wird die Lage damit immer prekärer.

Sommer 2013 realistisch - oder gar erst Herbst?

Baufachleute der Flughafengesellschaft schätzen den Termin im März inzwischen als ziemlich unrealistisch ein. Und selbst die Gesellschafter - der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg - stellen sich offenbar schon auf eine erneute Terminverschiebung ein. "Sommer 2013 ist wohl realistisch", sagt ein hochrangiger SPD-Politiker aus Potsdam. Andere gehen von einer Eröffnung des Willy-Brandt-Airports nicht vor Herbst 2013 aus.

Denn die Probleme, die Amann mit seinem Dienstantritt in Schönefeld am 1.August vorgefunden hat, sind immens. Wesentliche Teile der Brandschutzanlage und der Automatisierung wie etwa die Steuerungstechnik für die Türen funktionieren immer noch nicht reibungslos. Verkabelungen entsprechen nicht den Vorgaben, es muss teilweise umgeplant werden.

In einem internen Sachstandsbericht hatte die Flughafengesellschaft am 25. Juni bereits festgestellt, dass der Eröffnungstermin im März nur zu halten ist, wenn

  • die Baufirmen zustimmen,
  • Unstimmigkeiten in den Plänen komplett beseitigt sind,
  • das "vorliegende Brandschutzkonzept" genehmigungsfähig ist
  • und die Anlagen bis Ende des Jahres störungsfrei funktionieren.

Dass dieser Zeitplan kaum zu schaffen ist, weiß wohl auch die Flughafengesellschaft. Die Raumlufttechnik etwa ist noch nicht einmal fertig geplant. "Für die Erbringung der Planungsleistungen haben wir den 15. Oktober 2012 ermittelt", heißt es in einem Schreiben des Ingenieurbüros TCI an die Flughafengesellschaft vom 1. Juni.

Wie schon zuvor sollen Notlösungen das Schlimmste verhindern - vor allem bei der Finanzierung des Milliardenprojekts. Die Finanzexperten der Flughafengesellschaft haben einen kurzfristigen Bedarf von 430 Millionen Euro errechnet, um in den kommenden Monaten fällige Rechnungen von Baufirmen begleichen sowie die entstandenen Kosten aus der Verschiebung des einst auf den 3. Juni anvisierten Eröffnungstermins decken zu können.

Wie soll der neue Aufschub finanziert werden?

Flughafenchef Rainer Schwarz wird dem Aufsichtsrat dafür eine Brückenfinanzierung vorschlagen, einen Bankenkredit mit kurzer Laufzeit und entsprechend hohen Finanzierungskosten. Denn Sicherheiten für den Kredit kann die Flughafengesellschaft nicht leisten. Die Gesellschafter, also der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg, werden in einer sogenannten Patronatserklärung den Banken versichern müssen, dass sie generell die Zahlungsfähigkeit der Flughafengesellschaft garantieren. Der Weg über eine Kreditbürgschaft ist vorerst versperrt. Einer solchen Staatsgarantie müsste erst die Europäische Kommission zustimmen.

Seit Wochen sondiert eine Arbeitsgruppe von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer in Brüssel, ob und unter welchen Voraussetzungen die europäischen Wettbewerbshüter weitere Staatshilfen für den neuen Berliner Airport abnicken werden. Inzwischen ist in die Bemühungen auch das Finanzministerium eingeschaltet. Doch einen Antrag kann die Bundesregierung nicht stellen, so lange nicht klar ist, wie viel Geld die Flughafengesellschaft noch braucht, und dies in einem abschließenden Finanzierungskonzept auch dokumentiert ist.

In der Bundesregierung herrscht außerdem nicht einmal Konsens über weitere Finanzhilfen für den Flughafen. "Bei den jetzt anstehenden Haushaltsberatungen für den Bundeshaushalt 2013 kann es bei diesen chaotischen Zuständen und Zuständigkeiten keine zusätzlichen finanziellen Zugeständnisse des Bundes für den neuen Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg in Schönefeld geben", sagte der Obmann der Liberalen im Haushaltsausschuss des Bundestages, Jürgen Koppelin.

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