Impfaffäre Halles Oberbürgermeister vorläufig des Amtes enthoben

Obwohl er gar nicht an der Reihe war, ließ sich der Oberbürgermeister von Halle an der Saale gegen Covid-19 impfen. Der parteilose Politiker ist sein Amt nun vorerst los.
Bernd Wiegand (Archivfoto)

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Hendrik Schmidt/ DPA

Die Affäre um eine zu früh erhaltene Coronaimpfung hat für Bernd Wiegand Konsequenzen: Der Oberbürgermeister von Halle an der Saale ist vorläufig seines Amtes enthoben worden. Das teilte das Landesverwaltungsamt in Sachsen-Anhalt als zuständige Kommunalaufsichtsbehörde mit.

Mit Verfügung vom 7. Juni sei Wiegand »vorläufig seines Dienstes als Hauptverwaltungsbeamter der Stadt Halle und aller Ämter, die sich aus seinem Hauptamt ableiten, sowie hiermit in Verbindung stehender Nebenämter enthoben«, heißt es in einer Mitteilung der Behörde. Die Entscheidung wird demnach unmittelbar wirksam. Wiegands monatliche Dienstbezüge werden um die Hälfte gekürzt.

Bereits im April hatte Halles Stadtrat den parteilosen Oberbürgermeister auf unbestimmte Zeit vom Dienst suspendiert. Dagegen ging Wiegand gerichtlich vor, unterlag aber.

Wiegand hatte sich im Januar frühzeitig gegen das Coronavirus impfen lassen, obwohl er laut Priorisierungsreihenfolge noch längst nicht an der Reihe gewesen wäre. Ihm wird vorgeworfen, für diese und weitere Verstöße gegen die vom Bund erlassene Impfreihenfolge verantwortlich zu sein. Bereits im Februar ließ die Staatsanwaltschaft Wiegands Diensträume durchsuchen.

Zugleich leitete das Landesverwaltungsamt gegen Wiegand ein Disziplinarverfahren ein. Dabei wurden mögliche Dienstvergehen geprüft, die sich aus Unregelmäßigkeiten bei der Einhaltung der Impfabfolge ergaben. Zudem ging es um weitere Vorwürfe. So soll Wiegand unter anderem Einfluss auf das Zustandekommen mehrerer Stadtratssitzungen genommen, dienstliche Ressourcen privat genutzt und Weisung erteilt haben, amtliche Unterlagen nachträglich zu ändern.

Wiegand bestreitet Vordrängelei

»Die Schwere des vorgeworfenen Dienstvergehens begründet neben der Gefahr einer Beeinträchtigung der Ermittlungen wie auch des Dienstbetriebes die vorläufige Dienstenthebung«, hieß es vom Landesverwaltungsamt.

Wiegand begründete die vorzeitigen Impfungen damit, dass übrig gebliebene Impfdosen vor dem Wegwerfen bewahrt werden sollten. Er weist die Vorwürfe der Vordrängelei vehement zurück. Zugleich machte er teilweise widersprüchliche Angaben zu den Vorwürfen und behauptete zunächst etwa, die Impfkandidaten seien durch eine Art Zufallsgenerator ausgewählt worden. Dies stimmte nicht.

Wiegand ist seit 2012 Oberbürgermeister. Im Oktober 2019 wurde der Diplomverwaltungswirt wiedergewählt. Er war schon damals nicht unumstritten. So stand er wegen Untreue vor Gericht, weil er enge Mitarbeiter zu Unrecht in höhere Gehaltsstufen eingruppiert haben soll. In dem Fall wurde Wiegand aber rechtskräftig freigesprochen.

als/AFP/dpa
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