Bespitzelung von Journalisten Von Doppelagenten und ihren Opfern

Jahrelang hat der Bundesnachrichtendienst in der Medien-Szene kritische Journalisten beschattet und ausgeforscht. SPIEGEL ONLINE zeigt die Gesichter eines Skandals - vom Agenten, Enthüllungsreporter bis zu den politisch Verantwortlichen.

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Uwe Müller,

Deckname "Sommer". Der Leipziger, der sich selbst als Nachrichtenhändler bezeichnet und seit Jahren ein kleines Ein-Mann-Büro für strategische Analysen betreibt, war bis ins Jahr 2005 für den BND aktiv. Konkret sollte Müller, der seine Tätigkeit offen eingesteht, den Berliner Journalisten Andreas Förster von der "Berliner Zeitung" ausforschen. Dazu nahm Müller persönlichen Kontakt auf und gab sich als interessierter Kollege aus. Mehrmals versuchte er, Försters Quellen beim BND in Erfahrung zu bringen oder auszuloten, über welche geheimen Dossiers er verfügt. "Sommer" bekam nach eigenen Angaben für seine Tätigkeit 500 Euro im Jahr, vor allem aber wurde er vom BND mit "nützlichen Informationen" für seine eigene Tätigkeit gefüttert. Regelmäßig traf er sich in einem Leipziger Bistro mit seinem Kontaktmann vom BND. Erst im Dezember 2005, als die Affäre um die Journalisten-Bespitzelung gerade aufkam, sagte ihm der BND-Mann, man wolle "etwas pausieren".

Besonders interessiert zeigten sich "Sommers" Führungsleute beim BND im Sommer 2005. Konkret setzten sie Müller darauf an, mehr über eine geplante Veröffentlichung Försters in der "Berliner Zeitung" herauszufinden. In der Tat arbeitete dieser gerade an einer Geschichte über den Autoren Ernst Schmidt-Eenboom, der ihm Informationen über seine eigene Bespitzelung durch den BND gesteckt hatte. Dass Schmidt-Eenboom entsprechende Unterlagen hatte, wusste der BND. Der Autor hatte vor dem Gang an die Presse BND und Kanzleramt direkt kontaktiert. Rätselhaft aber bleibt, warum der BND von Försters Geschichte wusste. Sowohl Schmidt-Eenboom als auch Förster sagen, sie hätten zu diesem Zeitpunkt nur telefoniert. Deshalb liege der Verdacht nahe, dass der BND auch Telefone belauschte. Die Behörde bestreitet dies bisher vehement.

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