Geheimdienstkooperation "Die Bundesregierung hat vernebelt und verleugnet"

Der "Guardian"-Bericht über die Zusammenarbeit des BND mit dem britischen GCHQ sorgt für Verstimmung in Berlin. Die Bundesregierung habe vertuscht oder nicht genug kontrolliert, kritisiert der Grünen-Innenexperte Notz. Er fordert Aufklärung durch einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

Berlin - Mit seinen neuesten Veröffentlichungen aus den Dokumenten des Ex-Geheimdienstmitarbeiters Snowden hat der britische "Guardian" das politische Berlin aufgeschreckt. Der britische Geheimdienst GCHQ hat demnach bei der Entwicklung von Internet-Spionagetechnik eng mit dem BND und anderen europäischen Geheimdiensten kooperiert. Die Technik sei in enger Abstimmung mit dem britischen Geheimdienst entwickelt worden

Der Grünen-Innenexperte Konstantin Notz kritisiert die Bundesregierung deshalb scharf. "Die Vermutungen des internationalen Ringtausches bestätigen sich immer mehr", sagte er SPIEGEL ONLINE. Die Bundesregierung habe es sträflich vernachlässigt vor der eigenen Haustür zu kehren und selbstbestimmt aufzuklären.

Die Frage sei, ob die Bundesregierung bewusst vertuscht habe oder die Dienste ein unkontrolliertes Eigenleben führen. Weil die Bundesregierung offenbar nicht willens sei, selbst aufzuklären, müsse der Parlamentarische Untersuchungsausschuss kommen. "Das Parlament muss aufklären, was die Bundesregierung nicht aufklären will oder kann", so Notz.

In dem "Guardian"-Artikel wird allerdings nicht die Behauptung aufgestellt, die europäischen Partnergeheimdienste hätten ihre technischen Fähigkeiten zur Datenüberwachung so eingesetzt wie der GCHQ. Snowden hatte in den vergangenen Monaten offengelegt, dass der GCHQ unter dem Codenamen Tempora mehr als 200 Glasfaserkabel angezapft habe, um Zugriff auf den Internetverkehr zu erlangen.

Notz kritisierte aber, der Bericht zeige, dass sich Geheimdienste mehrerer europäischer Länder "zu einer höchst fragwürdigen Überwachungsallianz zusammengeschlossen" hätten und im großen Umfang unter Umgehung nationaler Gesetzesvorgaben die Bürger befreundeter Staaten ausspähten, um die so erlangten Daten in einem Ringtauschverfahren weiterzugeben. "Die Bundesregierung hat erst vernebelt und geleugnet, dann sich in antiamerikanische Reflexe geflüchtet und die eigene Opferrolle betont", sagte Notz.

Das GCHQ hat dem Zeitungsbericht zufolge eine führende Rolle in der Unterweisung seiner europäischen Partner gespielt, wie nationale Gesetze zur Einschränkung von Überwachungsaktivitäten zu umgehen sind. Aus den Papieren gehe zudem "eine Bewunderung für die technischen Fähigkeiten" deutscher Dienste hervor.

nck/vme/dpa-afxp
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