Spionageaffäre BND hörte US-Außenministerin Clinton ab

Ex-US-Außenministerin Clinton in Washington (Archivbild, 2011): Die Politikerin wurde offenbar vom BND abgehört
Foto: MOLLY RILEY/ REUTERSHamburg - Der Bundesnachrichtendienst hat ein Gespräch der damaligen US-Außenministerin Hillary Clinton abgehört. In "mindestens einem Fall" sei das vorgekommen, melden die "Süddeutsche Zeitung" , NDR und WDR. Das gehe aus den Dokumenten, die ein Spion im BND an den amerikanischen Geheimdienst CIA übergab, hervor. Markus R., der im Juli verhaftet worden war, hat inzwischen gestanden, den USA in den vergangenen zwei Jahren mindestens 218 Dokumente geliefert zu haben.
Deutsche Regierungskreise bestreiten allerdings, dass es eine systematische Spionage des BND gegen die USA gibt. Vielmehr sei das Gespräch, das Clinton in ihrer Amtszeit aus einer US-Regierungsmaschine heraus geführt habe, nur zufällig aufgefangen worden. Dass es nicht sofort vernichtet worden sei, bezeichnete ein Regierungsmitglied in Berlin laut "SZ" als "Idiotie".
Das abgehörte Telefonat von Clinton nehmen die USA nun als Beleg dafür, dass auch die Deutschen die USA ausspionierten, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". US-Außenminister John Kerry soll seinen deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier auf den Vorgang angesprochen haben.
Sensibler Beifang
Konkret geht es nach Informationen des SPIEGEL um ein Gespräch im Jahr 2012. Das Telefonat sei vom Bundesnachrichtendienst im Rahmen einer Operation gegen Terrorverdächtige im Mittleren Osten abgefangen worden. Die Zielpersonen, so heißt es, hätten mitunter die gleichen Frequenzen verwendet. Erst im Nachhinein habe man festgestellt, dass an jenem Tag - quasi aus Versehen - auch das vertrauliche Telefonat der amerikanischen Amtsträgerin mitgeschnitten worden sei. Befreundete Länder und ihre Repräsentanten, so betonten deutsche Sicherheitskreise am Freitagabend, seien kein "Aufklärungsziel" des BND.
Der sensible "Beifang", so heißt es, sei im BND seinerzeit äußerst diskret behandelt worden: Die entsprechende Fachabteilung habe unverzüglich die BND-Spitze über den Vorgang informiert, welche nach kurzer Prüfung die sofortige Vernichtung des Mitschnitt-Transkripts angeordnet habe. Dummerweise sei damit jedoch ausgerechnet jener BND-Mitarbeiter Markus R. beauftragt worden, der im Verdacht steht, Doppelagent für den US-Geheimdienst CIA gewesen zu sein und seit dem 3. Juli in Untersuchungshaft sitzt. Die Bundesanwaltschaft, die gegen Markus R. wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit ermittelt, wollte sich am Freitagabend unter Hinweis auf das laufende Verfahren nicht zu der Sache äußern.
Seit Mitte vergangenen Jahres dürften "Zufallsfunde", die Amtsträger befreundeter Staaten betreffen, nicht einmal mehr der Leitungsebene zur Kenntnis gebracht werden sondern müssten sofort gelöscht werden. Ob - und falls ja wie - diese Direktive im Geheimdienst-Alltag tatsächlich umgesetzt werden kann - erscheint jedoch fraglich.
Auch Nato-Land abgehört
Laut "Süddeutscher Zeitung" hat die Bundesregierung zudem angeordnet, einen der Nato-Partner auszuspionieren. Markus R. habe der CIA eine Kopie des "Auftragsprofils der Bundesregierung" (APB) für den deutschen Geheimdienst übergeben. In dem Papier steht laut dem Bericht, welche Länder der BND ausspionieren und um welche Themen er sich vorrangig kümmern soll. Diese Aufträge legt eine Staatssekretärsrunde unter Vorsitz des Kanzleramts fest. Die Informationen stammen aus dem Jahr 2009 und haben bis heute Gültigkeit.