Agententätigkeit für USA BND-Spion wegen Landesverrats angeklagt

BND-Zentrale in Berlin: Immer wieder durch die USA düpiert
Foto: Paul Zinken/ dpaR. soll über Jahre teilweise streng geheime Dokumente des deutschen Auslandsnachrichtendienstes BND an den US-Geheimdienst CIA weitergeleitet haben. Zudem schickte er einmal per Mail Material des BND, das er zuvor bereits den Amerikanern geliefert hatte, an das russische Generalkonsulat in München. Markus R.s Anwalt bestätigte die Zustellung der Klageschrift.
R. war bis zu seiner Verhaftung im Sommer 2014 in der Registratur der Abteilung Einsatzgebiete und Auslandsbeziehungen des BND beschäftigt. Dort hatte er Zugriff auf zahlreiche hochbrisante Papiere - unter anderem eine Liste mit den Namen aller BND-Agenten im Auslandseinsatz, das Protokoll eines vom BND abgehörten Telefonats zwischen der damaligen US-Außenministerin Hillary Clinton mit dem ehemaligen Uno-Generalsekretär Kofi Annan sowie ein geheimes Konzept zur Gegenspionage des BND.
Insgesamt hat R. mindestens 218 Dokumente an die CIA geliefert. Diese fanden die Ermittler auf einem USB-Stick in seiner Wohnung. Bislang geht man davon aus, dass R. von der CIA dafür einen Agentenlohn von rund 75.000 Euro erhielt. Womöglich hatte R. bereits seit 2008 Kontakt zur CIA. Der US-Geheimdienst soll ihn aus seiner Residentur in Wien geführt haben, als Agentenführer bezeichnete R. in seinen Vernehmungen einen Mann namens Craig.
Politisch brisante Anklageschrift
Der Fall hatte bereits im Sommer 2014 hohe Wellen geschlagen. Schließlich lieferte er nach mehr als einem Jahr Debatten um die NSA-Affäre einen handfesten Beweis, dass die USA die Bundesrepublik und sogar deren Geheimdienst BND auf deutschem Boden ausspionieren. Kurz nachdem R. verhaftet wurde, musste der Resident der CIA in Berlin die Bundesrepublik verlassen.
R. war damals nur aufgeflogen, weil er auch dem russischen Generalkonsulat in München seine Dienste angedient hatte. Das bei diesem Anbahnungsversuch mitgeschickte Anschauungsmaterial führt nun zur Anklage des Landesverrats zugunsten Russlands.
Politisch noch brisanter ist, dass die Anklageschrift aus Karlsruhe R. aber auch im Fall der USA, also dem wichtigsten Verbündeten Berlins, nicht "geheimdienstliche Agententätigkeit", sondern Landesverrat vorwirft. Die Ermittler sind sich also sicher, dass R. durch die Zusammenarbeit der CIA einen "schweren Nachteil für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland" herbeiführte.
Ursprünglich war dieses Gesetz gedacht, um Spione im Dienst der DDR oder der Sowjetunion dingfest zu machen. Die Höchststrafe dafür beträgt in besonders schweren Fällen lebenslänglich. Auf Basis dieses Paragrafen wurden unter anderem der DDR-Spion im Bundeskanzleramt, Günter Guillaume, und der Top-Spion des Ministeriums für Staatssicherheit bei der Nato, Rainer Rupp ("Topas"), zu Haftstrafen über zehn Jahren verurteilt.
Bereits seit Beginn der NSA-Affäre sind die Beziehungen zwischen Berlin und Washington erheblich belastet. Das Gerichtsverfahren könnte nun zu einer weitere Verschlechterung des Verhältnisses führen. Seit Monaten beklagt die amerikanische Seite, dass hierzulande zu viele geheime Details der Zusammenarbeit zwischen US-Geheimdiensten und den deutschen Sicherheitsbehörden öffentlich werden.
Die deutsche Seite sieht sich indes immer wieder durch die USA düpiert: Die USA hörten das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ab, führten mehrere Bundesminister und hochrangige Regierungsbeamte als Spionageziel und missbrauchten die Abhöranlagen des BND in Bad Aibling für ihre Überwachungsaktionen gegen europäische Firmen, Politiker und Organe der Europäischen Union.