Linker Ministerpräsident Ramelow spricht sich für allgemeine Wehrpflicht aus

Der thüringische Ministerpräsident plädiert in seinem Blog für eine allgemeine Wehrpflicht in Deutschland. Die Position ist allerdings hochumstritten: Sogar der Generalinspekteur der Bundeswehr spricht sich dagegen aus.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke)

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke)

Foto: David Hutzler / dpa

Die Linkspartei wird seit Beginn der russischen Invasion der Ukraine von schwerem internen Streit erschüttert. Die jüngsten Aussagen von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow dürften für noch mehr Diskussionen sorgen. Der Linkenpolitiker hat sich für eine allgemeine Wehrpflicht in Deutschland ausgesprochen: »Im Gegensatz zu meiner Partei bin ich sowohl für eine gut ausgerüstete Bundeswehr als auch für eine allgemeine Wehrpflicht«, schrieb der Ramelow in seinem Blog. Allerdings müsse beides modern gestaltet »und der Auftrag der Truppe so klar formuliert sein, dass sich die Bevölkerung hinter ihren Zielen vereinigen kann«.

In dem Eintrag, den Ramelow bereits am Dienstag veröffentlichte, plädiert der 66-Jährige für eine »Parlamentsarmee der Landesverteidigung«. Diese müsse im Bündnis mit europäischen Partnern in der Lage sein, Deutschland und Europa zu verteidigen – »nicht mehr und nicht weniger«, wie Ramelow schreibt. Seiner Ansicht nach sollte eine solche Armee auf Verteidigung beschränkt sein – ohne Auslandseinsätze wie in Afghanistan oder in Mali: »Landesverteidigung als Auftrag«, erklärte Ramelow am Mittwoch auf Nachfrage.

Ramelow fordert Debatte über Aufstockung des Bundeswehr-Etats

Außerdem erneuerte Ramelow seine Forderung nach einer gesellschaftlichen Debatte über das Vorhaben der Bundesregierung, Gelder für die Bundeswehr massiv aufzustocken. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Sonntag ein »Sondervermögen« von 100 Milliarden Euro zur Stärkung der deutschen Verteidigungsfähigkeit angekündigt – »für notwendige Investitionen und Rüstungsvorhaben«.

Podcast Cover

Angesichts der Invasion Russlands in die Ukraine ist in Deutschland eine Debatte über die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht entstanden. Sie wurde im Jahr 2011 nach 55 Jahren unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt, was in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleichkam. Führende SPD-Politiker hatten sich zuletzt dagegen ausgesprochen, die Wehrpflicht wieder einzuführen. Auch aus den Reihen von CDU und FDP wurde Skepsis über einen solchen Vorstoß laut.

CSU-Chef Markus Söder äußerte sich ebenfalls kritisch: Er sehe »wenig Sinn« in einer Wiedereinführung der Wehrpflicht. Auch gegenüber einer allgemeinen Dienstpflicht sei er »sehr skeptisch«. Er sehe einerseits ein »verfassungsrechtliches Problem«, wenn junge Menschen zu einem einjährigen Dienst verpflichtet würden. Zudem würde der Plan »ein enormes Maß an zusätzlicher Bürokratie bedeuten«. Und nach zwei Jahren Coronapandemie sei nun nicht die Zeit, »junge Menschen zusätzlich zu verunsichern«, sagte Söder in München.

Generalinspekteur der Bundeswehr dagegen

Auch außerhalb der Parteien mehren sich die Stimmen der Gegner. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, sagte in einem Interview vom Mittwoch, die Streitkräfte bräuchten »gut ausgebildetes, in Teilen sogar hochspezialisiertes Personal« etwa zur Abwehr von Cyberangriffen. Wehrpflichtige könnten das nicht leisten.

»Die Wehrpflicht, so, wie wir sie noch kennen, ist in der jetzigen Situation nicht erforderlich«, sagte Zorn den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Bundeswehr und ihre Aufgaben hätten sich verändert. »Für den Kampf im Cyberraum, um nur ein Beispiel zu nennen, sind Wehrpflichtige absolut ungeeignet.«

Zorn wies zudem darauf hin, dass eine Entscheidung dieser Tragweite nicht auf die Schnelle getroffen werden könne. »Mit Blick auf eine Umstrukturierung der Bundeswehr wieder hin zu einer Streitkraft, die sich wesentlich auf eine Mobilmachung aus dem Volk heraus abstützt, muss es vorher eine gesamtgesellschaftliche Debatte geben.« Darüber hinaus sei die »Klärung rechtlicher und grundgesetzlicher Fragen« nötig.

col/dpa/AFP
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.

Abonnieren bei

Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt erneut.

Playlist
Speichern Sie Audioinhalte in Ihrer Playlist, um sie später zu hören oder offline abzuspielen. Zusätzlich können Sie Ihre Playlist über alle Geräte mit der SPIEGEL-App synchronisieren, auf denen Sie mit Ihrem Konto angemeldet sind.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren