Brandenburger Landtag AfD-Fraktion stellt Kalbitz für Kontrollgremium auf

Die Brandenburger AfD-Fraktion stellt bislang kein Mitglied im Gremium, das den Verfassungsschutz beaufsichtigt. Nun soll ausgerechnet der Rechtsextremist Andreas Kalbitz auf den Posten – große Erfolgschancen hat er aber nicht.
Andreas Kalbitz (Archivbild)

Andreas Kalbitz (Archivbild)

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Soeren Stache / dpa

Obwohl Andreas Kalbitz seine Parteimitgliedschaft verloren hat, hält die Brandenburger AfD-Fraktion an ihrem früheren Fraktions- und Landeschef fest. Nun soll er die AfD in der Parlamentarischen Kontrollkommission vertreten.

Das ging aus einem Antrag der Fraktion für die Plenarsitzung am Donnerstag hervor. Bei der Sitzung selbst zog sie ihn jedoch kurzfristig zurück und schlug stattdessen den Abgeordneten Felix Teichner vor. Er fiel mit 55 Gegenstimmen und 20 Dafürstimmen im Parlament durch, wie alle bisherigen AfD-Abgeordneten, die die Fraktion für den Posten vorgeschlagen hatte.

Nach SPIEGEL-Informationen will die AfD in Brandenburg aber weiter an dem Plan festhalten, Kalbitz aufzustellen. Wenn alle Mitglieder in der Fraktion durchgefallen sind, will man vor ein Gericht ziehen und den Platz juristisch einfordern.

Die Parlamentarische Kontrollkommission beaufsichtigt die Arbeit der Verfassungsschutzbehörde. Als Kalbitz noch Fraktionsvorsitzender war, hatte die AfD erfolglos den Vorsitz des Gremiums beansprucht. Die Fraktion stellt bislang auch kein Mitglied in der Kommission , ihre Kandidatinnen und Kandidaten erreichten nie die erforderliche Mehrheit . Es ist nicht zu erwarten, dass sich das durch die Nominierung des Rechtsextremisten Kalbitz ändert. Die Brandenburger Linkenabgeordnete Andrea Johlige schrieb am Mittwoch auf Twitter : »Ich freue mich schon drauf, diesen Vorschlag morgen mit einem NEIN zu bedenken.«

AfD-Landesverband wird vom Verfassungsschutz beobachtet

Der brandenburgische AfD-Verband gilt als rechtsextremer Verdachtsfall und wird seit dem vergangenen Jahr vom Verfassungsschutz beobachtet. Kalbitz hatte den Verband geleitet, bis der AfD-Bundesvorstand im Mai 2020 seine Parteimitgliedschaft annullierte. Ihm wurde vorgeworfen, 2013 beim Eintritt in die AfD die Mitgliedschaft in der neonazistischen »Heimattreuen Deutschen Jugend« und bei den Republikanern verheimlicht zu haben. Kalbitz verlor daraufhin seine Spitzenposten, die AfD-Fraktion nahm ihn aber wieder als parteiloses Mitglied auf.

Der frühere AfD-Politiker geht weiter juristisch gegen die Annullierung seiner Parteimitgliedschaft vorher, bislang jedoch ohne Erfolg. Am vergangenen Freitag hatte er mit einer Berufungsklage vor dem Kammergericht Berlin gegen die Annullierung seine AfD-Mitgliedschaft eine Niederlage erlitten.

Kalbitz war zusammen mit dem Thüringer Landeschef Björn Höcke einer der führenden Köpfe des »Flügels« in der AfD, der Anfang 2020 offiziell aufgelöst wurde, nachdem er vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft worden war. Der Streit über Kalbitz – seine Mitgliedschaft hatte er durch einen von Co-Parteichef Jörg Meuthen herbeigeführten Bundesvorstandsbeschluss im vergangenen Mai verloren – hatte in der Partei zu einer Spaltung geführt.

Kalbitz äußert sich

Das Bundesamt für Verfassungsschutz prüft derzeit, ob die gesamte AfD künftig als »Verdachtsfall« im Bereich des Rechtsextremismus gelten soll. Dies würde die Möglichkeit eröffnen, nachrichtendienstliche Mittel gegen die Partei einzusetzen. Nachdem die AfD gegen eine solche Einstufung als »Verdachtsfall« und Verlautbarungen dazu geklagt hat, hat sich der Verfassungsschutz vorerst zum Stillschweigen verpflichtet. Allerdings kassierte die Partei in dem Rechtsstreit am Mittwoch eine weitere Niederlage. Bereits am Dienstag hatte sie sich in einem Punkt vor dem Verwaltungsgericht in Köln nicht durchgesetzt. Die Folge: Das Bundesamt darf weiterhin öffentlich die Zahl von rund 7.000 Mitgliedern des »Flügel« nennen, was die AfD verhindern wollte.

Kalbitz begründete seine Kandidatur für das Kontrollgremium indirekt mit dem voraussichtlichen Vorhaben des Bundesamts für Verfassungsschutz, seine frühere Partei zum Verdachtsfall zu erklären. »Dass unabhängige und kritische Geheimdienstkontrolle nötiger denn je ist, zeigt der bisher nie dagewesene Missbrauch des Verfassungsschutzes durch die Regierung«, sagte er am Donnerstag dem SPIEGEL.

Bundesinnenminister Hort Seehofer (CSU) rechnet mit einer baldigen Entscheidung über eine mögliche Beobachtung der gesamten AfD durch den Verfassungsschutz. Die zuständigen Mitarbeiter sollten ihre fachliche Beurteilung »innerhalb von Tagen machen und nicht von Wochen«, sagte Seehofer am Donnerstag in Brüssel. Er wolle keinen »unendlich langen Prozess, sondern eine überschaubare Zeitspanne, um dann Klarheit zu haben«.

mes/sev/AFP/til
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