Brandenburg Platzeck sitzt in der Stasi-Falle

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck: Rückkehr in die "kleine DDR"
Foto: SVEN KAESTNER/ APEs gab ein paar Dinge, die den gewöhnlich so freundlichen Ministerpräsidenten von Brandenburg, , in den letzten Jahren richtig zornig machen konnten. Es waren Anspielungen auf die Ära seines Vorgängers , auf dessen Stasi-Verwicklung und auf dessen Äußerung, Brandenburg sei eine "kleine DDR". Ob damit nicht langsam Schluss sein könne, gab Platzeck dann harsch zurück. Und hatte gute Gründe auf seiner Seite. Sozialdemokrat Platzeck stand für einen Politikwechsel in Brandenburg, weg vom alles versprechenden Vater Staat, weg von DDR-Nostalgie und Verklärung. Stolpe, Stasi, das war lange her. So schien es zumindest.
Vor wenigen Wochen hat Platzeck wieder abgewinkt, als ihm das Stichwort "kleine DDR" vorgehalten wurde. Platzeck wollte eine Koalition mit der Linkspartei schließen, er wollte ein Zeichen der Versöhnung gegenüber der einstigen Staatspartei setzen, 20 Jahre nach dem Untergang der DDR. Er führte ganz pragmatische Gründe an, aber auch moralische. Platzeck kannte viele frühere SED-Genossen lange und gut, er glaubte an ihre Wandlung. Kleine DDR? Nö, nö, die käme nicht wieder. Rot-Rot - das sei keine Schlussstrich-Koalition.
Auf höchst makabere Weise hat Platzeck recht behalten. Ein Schlussstrich ist dieses Bündnis wahrlich nicht. Seit der Koalitionsbildung fliegt ein Stasi-Zuträger nach dem anderen bei der Linken auf. Die früheren Stasi-Truppen bringen es inzwischen auf Fraktionsstärke. Platzeck gerät immer stärker unter Druck.
An diesem Mittwoch wurde bekannt: Auch der Landtagsabgeordnete Michael Luthardt war beim Ministerium für Staatssicherheit, als er drei Jahre beim Wachregiment tätig war. Die Birthler-Behörde gab entsprechende Unterlagen frei, darunter auch eine handschriftliche Verpflichtungserklärung aus dem Jahr 1978. Darin erklärte er sich bereit, alle "Kräfte und Fähigkeiten einzusetzen", um die Pflichten und Aufgaben des Ministeriums für Staatssicherheit zu erfüllen.
Es ist bereits der siebte bekanntgewordene Fall von Stasi-Verstrickung in der Brandenburger Linke-Fraktion. Am Montag waren bereits zwei Abgeordnete zurückgetreten. Die Vizepräsidentin des brandenburgischen Landtags, , legte ihr Amt als Vizepräsidentin nieder - sie soll Arbeitskollegen bespitzelt haben. Die verbraucherschutzpolitische Sprecherin Renate Adolph gab ihr Landtagsmandat zurück.
Jeder neue Fall stellt Platzecks Versöhnungsprojekt in Frage. Weil er seine Koalitionsbildung derart moralisch begründet und überhöht hat, ist sie nun bereits nach wenigen Wochen ohne Fundament. Platzeck selbst ist entsetzt, politisch ein getriebener, persönlich zum zweiten Mal in seinem Leben ein Opfer der Stasi. Er fühle sich getäuscht, erklärt er bitter.
Am Freitag will Platzeck eine Regierungserklärung abgeben. Aber was soll er tun? Soll er den Koalitionspartner wechseln? Platzeck zeigt bislang mit dem Finger auf die Linke. Zu Recht. Sie hat eben mehr vertuscht als aufgeklärt. Aber er scheut die Konsequenz, einen Koalitionsbruch und Neuwahlen.
Die Geschichte ist nicht ohne Tragik. Platzeck verteidigte Stolpe einst gegen Stasi-Vorwürfe. Stolpe macht ihn dafür zum Kronprinzen. Später trat Platzeck kraftvoll aus Stolpes Schatten. Doch wie in einem Spiel steht Platzeck nun vor einem Schild: Zurück auf los. Platzeck sitzt in der Stasi-Falle und Stolpes "kleine DDR" ist wieder da.