Angebliche Asylaffäre
Landgericht Bremen streicht Anklage im Bamf-Verfahren zusammen
Angebliche Machenschaften im Bremer Flüchtlingsamt erschütterten 2018 die deutsche Asylpolitik. Ermittler erstellten ein langes Sündenregister der Beteiligten. Doch nun bleibt davon wenig übrig.
Ein Geflüchteter aus Somalia hält eine Aufenthaltsgestattung in den Händen (Symbolbild)
Foto: Arne Dedert/ dpa
Mögliche Missstände in einer Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatten im Sommer 2018 für einen Skandal gesorgt. Angeblich sollen Asylsuchende unrechtmäßig vor Abschiebung bewahrt worden sein oder bessere Aufenthaltsbestimmungen erhalten haben. Nun bleibt nach Angaben des Bremer Landgerichts vom Skandal nur wenig übrig.
Von einer umfassenden Anklage wegen der angeblichen Missstände lässt das Landgericht der Hansestadt nur wenige Punkte zur Verhandlung zu. Gegen einen von drei Beschuldigten, einen Rechtsanwalt, werde das Hauptverfahren gar nicht eröffnet, teilte das Gericht mit. Bei der früheren Leiterin der Bremer Außenstelle des Bamf kommen 14 Vorwürfe zur Verhandlung, bei einem zweiten Rechtsanwalt weitere acht Vorwürfe. Ihm wird unter anderem gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern sowie Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung vorgeworfen.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Man prüfe ihn, um dann zu entscheiden, ob Rechtsmittel einlegt werden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Bremen der Deutschen Presse-Agentur. Die Behörde hatte eine Sonderkommission mit 36 Beamten über 15 Monate ermitteln lassen und dann den Beschuldigten 121 Straftaten zur Last gelegt. Sie hätten unrechtmäßig ausländische Mandanten der Rechtsanwälte vor Abschiebung bewahrt oder deren Aufenthaltsstatus verbessert, so der Vorwurf.
Bremer Skandal löste Asylstreit aus
Der vermeintliche Skandal um die Bamf-Außenstelle hatte 2018 ein schlechtes Licht auf das Asylwesen geworfen und einen Streit zwischen Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) befeuert. Nachdem zunächst von etwa 1200 Asylfällen mit Unregelmäßigkeiten die Rede war, schrumpfte diese Zahl bei Nachprüfungen auf etwa 150.
Bei der ehemaligen Amtsleiterin sah das Gericht eine mögliche Strafbarkeit nur in zwei Fällen mutmaßlicher Vorteilsannahme, zwei Fällen von Datenfälschung und sechs Verstößen gegen das Dienstgeheimnis. Es seien alle Vorwürfe gekippt worden, die Beamtin habe gegen Asyl-, Aufenthalts- und Ausländerrecht verstoßen, teilte die Verteidigung mit. Dies waren etwa 60 aufgelistete Delikte gewesen.
"Das heißt im Umkehrschluss auch nicht, dass damit die verbleibenden Punkte unstreitig sind", sagte eine Verteidigerin in Bremen der Deutschen Presse-Agentur. Ihre Mandantin werde sich ebenso in diesen Punkten verteidigen. In einer Mitteilung hieß es, die Verteidigung sehe sich in "rechtlichen Bedenken gegen das Verfahren an sich und die Anklage" bestätigt.
Nach der aufwendigen Erstellung der Anklageschrift hatte das Landgericht Bremen sie genauso umfassend geprüft. Eine ganze Strafkammer war seit Jahresbeginn von anderen Fällen freigestellt, um sich in die Akten einzuarbeiten.
Nachtrag: Das Landgericht Bremen hat mit Beschluss vom 6.11.2020 die Eröffnung des Hauptverfahrens im sogenannten BAMF-Verfahren gegen die angeklagte ehemalige Leiterin der BAMF-Außenstelle Bremen in der ganz überwiegenden Zahl der angeklagten Fälle abgelehnt. Nach der Entscheidung des Landgerichts, die im Wesentlichen auf rechtlichen Erwägungen beruht, wird die Hauptverhandlung gegen die Angeklagte B. wegen der Vorwürfe der Vorteilsannahme in 2 Fällen, der Fälschung beweiserheblicher Daten in 6 Fällen sowie der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht in 6 Fällen eröffnet. Betreffend der asyl- und ausländerrechtlichen Vorwürfe wurde die Anklage durch Beschluss zurückgewiesen, der Beschluss ist rechtskräftig. Weitere Informationen erhalten Sie hier.