Bremen-Wahl Grüne drängen in Böhrnsens Regierung
Bremen - Trotz der Verluste kam die SPD von Bürgermeister Jens Böhrnsen am Sonntag laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis auf 36,8 Prozent und wurde damit erneut stärkste Kraft. Bei der Wahl 2003 hatten die Genossen noch 42,3 Prozent geholt.
Der bisherige Koalitionspartner CDU mit Thomas Röwekamp an der Spitze landete bei 25,6 Prozent (2003 waren es noch 29,8 Prozent). Die Grünen holten mit 16,4 Prozent ihr bislang bestes Landtagswahlergebnis. Bei der vorherigen Wahl hatten sie 12,8 Prozent geschafft. Die Linkspartei verfünffachte ihr Ergebnis und zieht mit 8,4 Prozent erstmals in die Bürgerschaft ein.
Die FDP schaffte mit 5,9 Prozent erstmals seit 1991 wieder den Einzug in die Bürgerschaft. 2003 hatten die Liberalen nur 4,2 Prozent geholt. Die rechtsextremistische DVU konnte mit 2,7 Prozent (2003: 2,3) nur minimal zulegen und wird erneut mit einem Abgeordneten in die Bremer Bürgerschaft einziehen. Sie nahm die Fünf-Prozent-Hürde in Bremerhaven. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis bekam sie in der Seestadt 5,4 Prozent. Auf Grund einer Besonderheit des Bremer Wahlrechts müssen Parteien nur in einem der beiden Wahlbereiche Bremen oder Bremerhaven mindestens fünf Prozent bekommen, um im Landesparlament vertreten zu sein.
Bürgermeister Böhrnsen, der vor zwei Jahren zum Nachfolger des langjährigen Regierungschefs Henning Scherf gewählt wurde, kündigte an, die SPD werde auch künftig den Senat führen. "Wir werden regieren", sagte Böhrnsen und kündigte Sondierungsgespräche sowohl mit der CDU als auch den Grünen an. Verhandlungen mit der Linkspartei lehnte er ab. Die Linken kämen als Koalitionspartner nicht in Frage. Aber in Gesprächen mit den anderen Parteien werde seine Partei in Ruhe ausloten, in welcher Konstellation am besten sozialdemokratische Politik durchgesetzt werden könne.
Böhrnsen zeigte eine deutliche Offenheit für ein Regierungsbündnis mit den Grünen. "Man darf nichts dämonisieren, weder die große Koalition noch Rot-Grün", sagte er. Die CDU habe dies getan und damit "einen großen Fehler" gemacht. "Eine Koalition ist doch nichts, was mit Automatismus weitergeführt werden kann", sagte der Regierungschef. "Zumindest für mich schließt sich das aus." Jede Koalition habe "ein natürliches Ende, und das ist der Wahltag".
Die Sozialdemokraten regieren das kleinste Bundesland seit 62 Jahren. Ein Wechsel zu Rot- Grün könnte ein Signal für das Wahljahr 2008 und für die Große Koalition auf Bundesebene sein. Der Chef der Bundes-SPD, Kurt Beck, überließ die Entscheidung dem Bremer Landesverband. "Wir sind uns einig, dass die Entscheidung in freundschaftlichem Kontakt, aber von der Bremer Sozialdemokratie ... getroffen wird", sagte Beck.
Die Bremer Grünen-Spitzenkandidatin Karoline Linnert bot sich als Koalitionspartner an und sagte: "Man kann ja nicht weiter eine große Koalition machen, wenn beide großen Parteien verloren haben." Ein rot-grünes Bündnis wäre das erste auf Länderebene nach dem Ende der rot-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen 2005. In diesem Fall würde die Große Koalition im Bundesrat ihre Zwei-Drittel-Mehrheit verlieren.
CDU warnt vor Rückschritt bei rot-grüner Koalition
Auch die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth forderte die Bremer SPD auf, eine Koalition mit ihrer Partei zu bilden. "Die Große Koalition hat abgewirtschaftet, ohne Wenn und Aber", sagte sie in der ARD. "Die SPD muss sich entscheiden, ob sie sich aus der Umklammerung (ihres bisherigen Koalitionspartners CDU) lösen will." Der Wahlerfolg der Grünen zeige, dass sich "eine glaubwürdige, konstruktive Politik auszahlt", sagte Roth. "Die Menschen wollen, dass man nicht nur über Klimaschutz redet, sondern handelt."
Röwekamp gab die Schuld an den Verlusten seiner Partei der SPD, die sich nicht klar auf eine Fortsetzung des Regierungsbündnisses festgelegt habe. Er forderte die SPD auf, das Bündnis mit der CDU fortzusetzen. Jetzt hoffe er, dass sie in den kommenden Tagen "wieder zur Besinnung komme" und sich dazu entschließe, die große Koalition fortzusetzen. Auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla forderte die Bremer SPD zur Fortführung des Bündnisses auf und warnte vor einem "Rückschritt in einer Koalition mit den Grünen".
Die Linkspartei jubelte. Ihr Spitzenkandidat Peter Erlanson sprach von einem "historischen Sieg für die Linke". "Wir haben auch einen Auftrag bekommen, und der heißt Unruhe", sagte er.
In der neuen Bürgerschaft ist die SPD danach künftig mit 32 bis 33 Abgeordneten vertreten, die CDU entsendet 22 bis 23 Parlamentarier, die Grünen verfügen über 14 bis 15 Mandate. Die Linkspartei stellt sieben Abgeordnete, die FDP fünf, die DVU einen.
Die Bürgerschaftswahl in Bremen sank am Sonntag offenbar auf ein Rekordtief. Nach 61,3 Prozent vor vier Jahren gingen laut ARD und ZDF am Sonntag nur noch etwa 58 Prozent der Stimmberechtigten an die Wahlurnen. In dem Stadtstaat waren rund 487.000 Wahlberechtigte zur Wahl aufgerufen.
als/AFP/ddp/AP/dpa/Reuters