BSE 400.000 Rinder zur Schlachtbank
Berlin/Brüssel - Die Ministerin für Verbraucherschutz und Landwirtschaft, Renate Künast (Grüne), verteidigte den Beschluss zur Massenschlachtung gegen Kritik von Natur- und Tierschützern. "Das ist die Folgenbeseitigung einer verfehlten Politik", sagte sie. Bundeskanzler Gerhard Schröder stärkte seiner neuen Agrarministerin demonstrativ den Rücken. Schröder habe Künast Respekt gezollt für ihre "beherzte Herangehensweise an die schwierige Thematik". Die Regierung sehe trotz Tierschutzbedenken keine Alternative zu der Tötungsaktion, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Charima Reinhardt.
Die Schlachtungen sind nach Angaben von Künasts Ministerium in Deutschland als Folge der BSE-Krise um 50 Prozent eingebrochen und damit stärker als in anderen Ländern. Im EU-Durchschnitt betrage der Rückgang 27 Prozent. Die nicht geschlachteten Tiere blieben in den Ställen stehen. Zugleich wüchsen junge Rinder nach. Die Aufkaufaktion "hilft, um in den Ställen Luft zu schaffen", sagte Künasts Sprecherin Sigrun Neuwerth.
Bauern erhalten pro Rind 1000 Mark
Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung werde nach einer Vorbereitungsphase in etwa drei Wochen mit der in Deutschland bislang einmaligen Fleischvernichtungsaktion beginnen, sagte der Präsident der Bundesanstalt, Günter Drexelius. Herausgekauft würden "weibliche ältere Tiere", die nicht mehr für die Milchproduktion geeignet seien. Die Bauern sollen pro Rind rund 1000 Mark erhalten. Drexelius rechnete mit einem großen Interesse der Landwirte an der Aktion. "Es gibt deutschlandweit zurzeit 100.000 Rinder, die ohne BSE längst geschlachtet wären", sagte er.
Wegen der Rinderseuche BSE droht der Europäischen Union eine Haushaltskrise. Für das laufende Jahr stellte die EU-Kommission für den Rindfleischsektor mit insgesamt sieben Milliarden Euro (fast 14 Milliarden Mark) 50 Prozent mehr Geld zur Verfügung als im Vorjahr, wie EU-Haushaltskommissarin Michaele Schreyer in Brüssel mitteilte. Darin enthalten ist ein Nachtragshaushalt von 971 Millionen Euro, den die EU-Kommission zusätzlich zur Bewältigung der BSE-Krise am Mittwoch beschloss. Weiteres Geld stehe im Haushalt nicht zur Verfügung, betonte Schreyer.