BSE Funke - wann tritt er zurück?
Berlin -Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke hatte am Freitag das Reformkonzept aus seinem sowie dem Umweltministerium zu einer Neuausrichtung der Landwirtschaftspolitik als "nicht mit mir abgestimmt" bezeichnet. Dagegen sprach eine Regierungssprecherin von "einem guten Denkanstoß." Dies sei der richtige Ansatz, um die Vorgabe des Kanzlers "Weg von den Agrarfabriken" umzusetzen, hieß es aus Kreisen des Kanzleramtes.
In dem am Donnerstag veröffentlichten Reformkonzept hatten Funkes Staatsekretär Martin Wille und dessen Kollege Rainer Baake aus dem Umwelt-Ressort einen Sieben-Punkte-Plan zur Neuausrichtung der Agarpolitik vorgelegt. Darin fordern die Staatssekretäre die "Abkehr von der Massentierhaltung". Für die Förderung des Ökolandbaus schlagen sie vor, in den kommenden drei Jahren 500 Millionen Mark bereitzustellen. "Die bisherige Landwirtschaftspolitik muss grundlegend überprüft und angepasst werden", lautet das Fazit der beiden Staatssekretäre.
Funke selbst hatte dagegen bei einer gemeinsamen Sondersitzung des Agrar- und Gesundheitsausschusses des Bundestags ein eher bürokratisches Programm zu weiteren Schutzmaßnahmen gegen BSE vorgestellt. Danach sollen die Kontrollen von Futtermitteln, Tieren und Lebensmitteln verstärkt und Verstöße gegen bestehende Regelungen härter bestraft werden. Während die Staatssekretäre im ökologischen Landbau die zukünftige Form der Landwirtschaft sehen, schlägt Funke lediglich ein neues "Ökolandbaugesetz" vor, ohne konkrete Fördersummen zu nennen.
Und selbst darin kommt die Förderung ökologischer Produkte zu kurz. An erster Stelle stehen bei Funke die "einheitliche Überwachung der Ökobetriebe" und "scharfe Sanktionsregelungen bei Verstoßen". Seit der BSE-Krise ist jedoch klar, dass vielmehr die Kontrollen der gewöhnlichen Mastviehhaltung zu wünschen übrig lassen. In dem Papier der Staatssekretäre war zudem gefordert worden, die milliardenschweren Agrarsubventionen der EU generell auch an Umweltanforderungen zu koppeln - eine weitere Forderung, die sich Funke nicht zu eigen machen will.
Funke gerät in eine unhaltbare Situation
Der Agrarminister behauptete nach der Sondersitzung der Ausschüsse, dass er von dem Papier seines Staatssekretärs nichts gewusst habe. "Das Wille-Papier war nicht mit der Spitze des Hauses abgestimmt", sagte er und gab sich gelassen: "Wie in jedem Papier finden sich darin Dinge, mit denen man übereinstimmt, und andere, die man korrigieren muss."
Damit gerät Minister Funke nach Einschätzung aus Regierungskreisen in eine unhaltbare Situation. Es sei nur schwer vorstellbar, wie der Konflikt ohne eine personelle oder institutionelle Erneuerung gelöst werden könne, sagte ein Regierungsmitglied. Staatsekretär Wille, der mit seinem Befreiungsschlag in Sachen ökologische Agrarreform eigentlich seinen Minister retten wollte, werde bereits als dessen möglicher Nachfolger erwogen. In jedem Falle müssten nun in der kommenden Woche "Entscheidungen fallen".
Ohne Ergebnis verlief am Freitag auch ein Treffen der Agrar- und Umweltstaatssekretäre von Bund und Ländern zu dem Sieben-Punkte-Programm. Es habe ein "Hauen und Stechen" gegeben, berichtete ein Teilnehmer der Sitzung. Beinahe alle Agrar-Ministerien mit Ausnahme der Vertreter aus Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein hätten vor allem die Interessen der etablierten Agrarindustrie vertreten und sich gegen eine weitreichende Ökologisierung der Nahrungsmittelproduktion ausgesprochen. Die Gruppe werde sich daher diesen Monat erneut treffen müssen, um einen Kompromiss zu erarbeiten.
Die CDU bezeichnete eine verstärkte Förderung der ökologischen Landwirtschaft als ungeeignet zur BSE-Bekämpfung. Es habe sich gezeigt, dass die Rinderseuche BSE in Deutschland gerade bei Familienbetrieben und Vorzeigehöfen aufgetreten sei, sagte CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer. Statt die "industrielle Landwirtschaft" zu verteufeln, solle die Bundesregierung den Bauern mehr Solidarität entgegenbringen, forderte Meyer bei der Vorstellung eines Zehn-Punkte-Programms zu BSE-Bekämpfung. Darin fordert die CDU unter anderem einen Solidaritätsfonds für Bauern.