Ex-Referatsleiter bei CSU-naher Stiftung Deutscher Politologe wegen mutmaßlicher Spionage für China festgenommen

Einst ging er beim BND ein und aus, zuletzt soll er jedoch für einen chinesischen Geheimdienst spioniert haben: Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen einen früheren Mitarbeiter der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung erhoben.
Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Berlin: Wechselte ein deutscher Politologe heimlich die Seiten?

Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Berlin: Wechselte ein deutscher Politologe heimlich die Seiten?

Foto: Axel Schmidt / REUTERS

Die Bundesanwaltschaft hat den deutschen Politologen Klaus L. wegen des Vorwurfs der geheimdienstlichen Agententätigkeit angeklagt. Hintergrund sei, dass der 75-Jährige zwischen Juni 2010 und November 2019 dem chinesischen Geheimdienst im Vorfeld oder Nachgang von Staatsbesuchen oder multinationalen Konferenzen sowie zu bestimmten aktuellen Fragestellungen regelmäßig Informationen beschafft haben soll, heißt es vom Generalbundesanwalt. 

Demnach seien chinesische Geheimdienstler im Juni 2010 erstmals an L. herangetreten, um ihn für eine Mitarbeit zu gewinnen. In den Folgejahren soll der Angeklagte bei hochrangigen politischen Ansprechpartnern, zu denen er als Mitarbeiter einer politischen Stiftung Kontakt hatte, Informationen eingeholt haben.

Als Gegenleistung wurden L. dafür laut Anklage die Reisen zu den jeweiligen Treffen mit den chinesischen Nachrichtendienstmitarbeitern einschließlich eines Rahmenprogramms finanziert. Auch ein Honorar soll er erhalten haben. Der Angeklagte war bereits am Montag festgenommen worden, das Oberlandesgericht München soll noch heute darüber entscheiden, ob der Mann in Untersuchungshaft kommt.

Angeklagter war offenbar Referatsleiter einer CSU-nahen Stiftung

Im vergangenen Jahr hatte zuerst die ARD  über den Fall berichtet. L. soll demnach zum Zeitpunkt seiner Pensionierung das Referat für internationale Sicherheitspolitik der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung geleitet haben, bei der er seit Anfang der Achtzigerjahre gearbeitet haben soll. Parallel dazu belieferte er offenbar über Jahrzehnte den Bundesnachrichtendienst (BND) mit Informationen und erhielt dafür Geld. Dem Bericht nach soll L. in der früheren BND-Zentrale in Pullach bei München »ein und aus« gegangen sein und »über exzellente Kontakte bis in die BND-Führungsebene« verfügt haben.

Die Stiftung distanzierte sich laut ARD nach Konfrontation von den Vorwürfen und betonte, »keinerlei Kenntnis« von den Vorgängen gehabt zu haben. Nach seiner Zeit bei der Stiftung soll L. demnach Direktor eines eigens gegründeten »Instituts für transnationale Studien« gewesen sein. Dieses soll er sowohl von seinem Haus in Landshut, vor allem aber in einem Anwesen in Südtirol betrieben haben.

Den Recherchen zufolge soll der 75-Jährige dem BND zunächst von dem chinesischen Anwerbeversuch berichtet haben und dafür sogar Unterstützung erhalten haben. Später machte er dem deutschen Nachrichtendienst das Ausmaß der Zusammenarbeit jedoch nicht mehr bekannt. Welche Informationen der mutmaßliche Spion tatsächlich an China übermittelte, wird laut ARD Gegenstand des Prozesses.

fek/dpa/Reuters
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