Ablösung der Bundespolizeichefs Scharfe Kritik an Innenminister Friedrich

Bundesinnenminister Friedrich: Neue Führungsspitze für die Bundespolizei
Foto: dapdFür die einen ist es ein längst überfälliger Neuanfang, für die anderen eine "beispiellose Ungerechtigkeit": Der von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) geplante Umbau der Führungsspitze der Bundespolizei hat bundesweit heftige Reaktionen ausgelöst. Aus den Reihen der Koalition wurde die Entscheidung ausdrücklich gelobt. SPD und Polizeigewerkschaft äußern scharfe Kritik.
Medien hatten am Samstag berichtet, Friedrich wolle zum 1. August den bisherigen Präsidenten der Bundespolizei, Matthias Seeger, sowie seine beiden Stellvertreter Wolfgang Lohmann und Michael Frehse ablösen lassen. Die Beamten sollen erst am Montag offiziell über die Personalveränderungen informiert werden, die Nachfolger sind bereits bestimmt.
Über die Gründe für den Rauswurf der Polizeichefs wird derzeit noch spekuliert. Laut der Nachrichtenagentur dapd soll ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen den Spitzenbeamten und Friedrich der Anlass für die Personalentscheidungen gewesen sein. Der Minister sei mit der Amtsführung der Beamten unzufrieden. Angeblich sollen aus der Bundespolizei auch wiederholt brisante Informationen an die Öffentlichkeit gelangt sein, hieß es in Sicherheitskreisen.
"So geht man nicht mit erfolgreichen Polizeiführern um"
Solchen Vorwürfen wirft sich der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Ernst G. Walter, entgegen. Im Gegensatz zum Verfassungsschutz und zum Bundeskriminalamt, die von einer Welle von Skandalen erschüttert worden seien, habe es für die Bundespolizei nur Erfolgsmeldungen gegeben, hieß es in einer Erklärung am Samstag.
"Die Bundespolizei ist die erfolgreichste Sicherheitsbehörde des Bundesinnenministers", erklärte Walter. "Bei schwierigen Demonstrationslagen", in allen Grenzregionen, auf Bahnhöfen und Flughäfen sei innere Sicherheit ohne die Bundespolizei nicht vorstellbar. "Der Kahlschlag an der Führung ist von himmelschreiender Ungerechtigkeit", ergänzte er. Wendt äußerte sich empört über die mutmaßlichen Umstände des Führungswechsels: "So geht man nicht mit erfolgreichen Polizeiführern um, die immer Loyalität und Pflichterfüllung gezeigt haben."
"Hilflosigkeit des Innenministers"
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, bezeichnete die Personalentscheidungen am Sonntag als "verheerend". Für den Kahlschlag bei der Bundespolizei fehle es an jeglicher Begründung: "Es rollen einfach Köpfe." Hartmann kritisierte, Friedrich habe nicht "die seit langem dringend erforderliche Aufgabenkritik der Bundespolizei vorgenommen" oder sich um die personelle und technische Ausstattung der größten deutschen Polizeibehörde gekümmert.
"Die Hilflosigkeit des Innenministers bei der inneren Sicherheit setzt sich jetzt fort", sagte der SPD-Politiker. Nirgendwo sei erkennbar, wohin Friedrich steuere. Zudem blieben die für den "schlechten Zustand der Bundespolizei" im Bundesinnenministerium Verantwortlichen verschont. "Stattdessen lässt man die pflichtbewusste Spitze der Bundespolizei einfach gehen." Diejenigen, die auf Defizite hinwiesen, würden "einfach geschasst". Hartmann verlangte, Friedrich solle endlich damit beginnen, "die Treppe von oben zu kehren, anstatt sich mit Hilfe von Personalien über den Tag zu retten".
Konzentration auf die Kernaufgaben
Aus den Reihen der Koalition hingegen erhielt Friedrich für seine Entscheidung Zustimmung. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sagte der "Bild am Sonntag": "Bei keiner anderen Sicherheitsbehörde des Bundes hat es in den vergangenen 20 Jahren so viele organisatorische Veränderungen gegeben wie bei der Bundespolizei." Die neue Führung und die Politik müssten nun dafür sorgen, "dass sich die Bundespolizei zukünftig wieder zu hundert Prozent auf ihre Kernaufgabe, die Gewährleistung der Sicherheit, konzentrieren kann".
Sein FDP-Amtskollege Serkan Tören erklärte dem Blatt: "Für einen Neuanfang in den Behörden sind angesichts vieler Verfehlungen personelle Veränderungen unerlässlich." Das werde aber nicht reichen. "Wir brauchen insgesamt eine Reform der Sicherheitsbehörden und eine strengere Kontrolle durch das Parlament."
Mit dem Kehraus bei der Bundespolizei setzt sich die personelle Neuaufstellung bei den deutschen Sicherheitsbehörden fort. Vor wenigen Wochen hatte bereits der Präsident des Verfassungsschutzes, Heinz Fromm, seinen Rückzug angekündigt. Spekuliert wird derzeit auch über den möglichen Rauswurf des Vizepräsidenten Alexander Eisvogel. In Thüringen und Sachsen mussten die jeweiligen Leiter der Verfassungsschutz-Landesämter inzwischen abtreten. Zudem läuft die Amtszeit des Chefs des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, zum Jahresende aus. Auch hier wird eine Neubesetzung erwartet.