Rede zum 3. Oktober Gauck hält Integration für größere Aufgabe als deutsche Einheit

Bundespräsident Gauck in Frankfurt: "Unsere Grundwerte stehen nicht zur Disposition"
Foto: Hannelore Foerster/ Getty ImagesDie Integration von Flüchtlingen wird Deutschland nach Ansicht des Bundespräsidenten vor eine größere Aufgabe stellen als die deutsche Einheit.
Auch die Vereinigung von Ost- und Westdeutschland beschäftige Generationen. "Doch anders als damals soll nun zusammenwachsen, was bisher nicht zusammengehörte", sagte Gauck in der Alten Oper in Frankfurt beim zentralen Festakt zum 25. Jubiläum der Wiedervereinigung. Es müssten viel größere Distanzen überwunden werden als zwischen Ost- und Westdeutschen, die eine Sprache und eine gemeinsame Kultur und Geschichte gehabt hätten.
Deswegen forderte Gauck Geduld und betonte, dass nur die in Deutschland geltenden Werte Basis für eine Integration sein könnten. "Es braucht Zeit, bis alte und neue Bürger Verantwortung in einem Staat übernehmen, den alle gemeinsam als ihren Staat empfinden."
Ausdrücklich forderte er auch eine Integrationsleistung der Flüchtlinge. "Unsere Werte stehen nicht zur Disposition." Toleranz für Intoleranz werde es nicht geben, sagte er und verurteilte Antisemitismus und eine Diskriminierung von Frauen oder Homosexuellen.
Gauck pocht auf internationale Anstrengungen
Am vergangenen Sonntag hatte der Bundespräsident von Grenzen der Aufnahmefähigkeit gesprochen und damit eine große Debatte ausgelöst. Nun unterstrich Gauck: "Unser Herz ist weit. Aber unsere Möglichkeiten sind endlich."
Es gebe zudem keine nationale Lösung der Flüchtlingskrise. "Wir werden den Zustrom von Flüchtlingen nicht verringern können - es sein denn, wir erhöhen unsere gemeinsamen Anstrengungen zur Unterstützung von Flüchtlingen in den Krisenregionen sowie vor allem zur Bekämpfung der Fluchtursachen", sagte Gauck. Die heutige Offenheit lasse sich zudem nur erhalten, wenn die europäischen Außengrenzen besser gesichert würden. (Lesen Sie hier die Rede des Bundespräsidenten im Wortlaut.)
Ähnlich hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag argumentiert und damit den Vorwurf etwa der CSU zurückgewiesen, sie lade Flüchtlinge nach Deutschland ein. "Das müssen wir gemeinsam schaffen, Deutschland, Europa und die Welt, jeder seine Aufgabe dabei erfüllen", sagte die Kanzlerin nun in Frankfurt.
Gauck würdigte in seiner Rede die Leistungen der Bürgerrechtsbewegung in der DDR auf dem Weg zur deutschen Wiedervereinigung. Mit ihrem Aufbegehren von 1989 hätten die Ostdeutschen den Westdeutschen ein großes Geschenk gemacht. "Die friedliche Revolution zeigt: Wir Deutschen können Freiheit."
Umgekehrt hätten die Westdeutschen auch den Ostdeutschen ein Geschenk gemacht, sagte das Staatsoberhaupt und nannte dabei das Grundgesetz, eine funktionierende Demokratie, eine unabhängige Justiz und das Sozialsystem.
Die zentrale Feier am Tag der Deutschen Einheit wird traditionell von dem Bundesland ausgerichtet, das den Bundesratspräsidenten stellt. In Frankfurt hatten zum Auftakt des dreitägigen Bürgerfestes unter dem Motto "Grenzen überwinden" schon am Freitag Zehntausende Besucher in der weitgehend abgesperrten Innenstadt gefeiert. Zu dem Bürgerfest mit 300 Veranstaltungen werden insgesamt eine Million Besucher erwartet. Der 3. Oktober klingt mit einer Lichtshow am Main aus. 25 Brücken sollen dabei zu sehen sein - für jedes Jahr der Einheit eine.
Im Video: Angela Merkel auf dem Festakt zur Deutschen Einheit
Zusammenfassung: Die Integration der Flüchtlinge wird für Deutschland schwieriger als die Gestaltung der Deutschen Einheit. Das sagte Bundespräsident Joachim Gauck in seiner Rede in Frankfurt zur Feier des 3. Oktober. Es sei "eine Herausforderung, die Generationen beschäftigen wird". Zudem würdigte er die Leistungen der Bürgerrechtsbewegung in der DDR. "Die friedliche Revolution zeigt: Wir Deutschen können Freiheit."