Bundespräsident in der Kritik Buchprojekt über Wulff wirft neue Fragen auf

Eine weitere Bekanntschaft belastet den Bundespräsidenten: Sein Freund David Groenewold zahlte im Jahr 2005 dem Autor eines wohlwollenden Wulff-Buchs gut 10.000 Euro Honorar. Warum?

Berlin - Ein weiterer Buchdeal könnte Bundespräsident Christian Wulff erneut in Bedrängnis bringen. Ein Freund des CDU-Politikers, der Filmproduzent David Groenewold, zahlte dem Autor eines im Mai 2006 veröffentlichten Wulff-Buchs mehrere tausend Euro an Honoraren. Es gibt unterschiedliche Angaben darüber, wofür genau die Zahlungen bestimmt waren. Der Fall wirft Fragen auf, denn Wulff setzte sich in dieser Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident für die Interessen der Filmbranche ein, in der Groenewold aktiv war.

Konkret geht es um das im Berliner Be.Bra-Verlag erschienene Buch mit dem Titel "Christian Wulff - Deutschland kommt voran". Der gut 200 Seiten starke Band basiert unter anderem auf mehreren Interviews, die der Publizist und ehemalige CDU-Sprecher Karl Hugo Pruys mit dem damaligen Ministerpräsidenten führte.

In einem ersten ausführlichen Telefonat mit SPIEGEL ONLINE bestätigte Pruys am frühen Montagnachmittag, dass Groenewold ihm zusätzlich zu den Leistungen des Verlags ein Autorenhonorar gezahlt habe. "Groenewold unterstützte mich damals mit rund 10.000 Euro", sagte Pruys. Er selbst habe den Filmproduzenten nur flüchtig gekannt, das Geld aber auch deshalb gerne angenommen, weil Groenewold sich als Freund von Christian Wulff ausgegeben habe. Mit dem Ministerpräsidenten habe er nicht über die Geldspritze gesprochen, betonte Pruys. Wulffs Anwalt Gernot Lehr ließ eine Anfrage zu dem Vorgang zunächst unbeantwortet.

In dem Telefonat schien sich Pruys an den Vorgang gut erinnern zu können. Die Zahlung Groenewolds, so schilderte es der heute 73-jährige Pruys, sei zu einem guten Zeitpunkt gekommen. Das Geld habe das Vorhaben vor dem Scheitern bewahrt. "Ich wollte schon fast aufhören, das Buchprojekt zu machen", sagte der Publizist, der damals nach eigenen Angaben als freier Journalist für verschiedene Zeitungen arbeitete: "Ohne Groenewolds Hilfe hätte ich es nicht geschafft." Wulff sei damals bereits über das Buchvorhaben im Bilde gewesen. Bei einigen Mittagessenstreffen habe er dem CDU-Politiker über das Projekt erzählt. Doch habe er nicht über die Finanzierungsprobleme mit ihm gesprochen.

Nach dem Telefonat konfrontierte SPIEGEL ONLINE Groenewold schriftlich mit dem Vorgang.

Am Abend sprach SPIEGEL ONLINE erneut mit Pruys. In dem zweiten Telefonat korrigierte Pruys plötzlich seine Angaben. Nun berief er sich auf große Erinnerungslücken. Es habe sich damals wohl nicht um eine Buchfinanzierung gehandelt, sondern vielmehr um Honorare für Kommunikationsberatungen, die er Groenewold geboten habe, sagte er. Am Dienstag stand Pruys trotz mehrfacher Versuche nicht mehr für ein Gespräch zur Verfügung.

Groenewold-Anwalt bestreitet Autorenhonorar

Am Dienstag meldete sich der Anwalt Groenewolds. Er bestätigte die Zahlungen an Pruys, widersprach aber der ersten Version von Pruys, es habe sich um ein Autorenhonorar gehandelt. "Herr Pruys hat vier Rechnungen zu je 2.500 Euro zuzüglich Umsatzsteuer gestellt und zwar für Arbeit in den Monaten Juli, August, September und Oktober 2005", teilte der Anwalt mit. Gegenstand der Beauftragung sei zunächst die textliche Überarbeitung von Unternehmensbroschüren gewesen, darüber hinaus habe Pruys Groenewold in dieser Zeit als "Rhetorik-Coach" betreut.

Zwischen beiden habe sich rasch eine Freundschaft entwickelt, teilte Groenewolds Anwalt mit. "Herr Pruys hatte Herrn Groenewold mehrere Bücher von sich geschickt und mit ihm auch Gespräche über Christian Wulff geführt. Herr Pruys übersandte Herrn Groenewold auch regelmäßig Texte aus seinem Buchmanuskript, weil er sich dafür interessierte." Nach Erscheinen habe Groenewold zehn Exemplare des Buches gekauft und diese an "Geschäftspartner und Freunde" verschenkt. Sämtliche Angaben seien "belegbar", "Rechnungskopien" lägen ihm vor.

Des Weiteren führte der Anwalt aus, er habe mit Pruys telefoniert und werde diesen voraussichtlich auch anwaltlich vertreten. Pruys sei erst vor kurzem von einem eineinhalbjährigen Krankenhausaufenthalt zurückgekehrt und sehe sich "deshalb auch nicht mehr in der Lage", weitere Anfragen von Medienvertretern sachgerecht zu beantworten.

"Aufsteigender Stern der deutschen Politik"

Der Fall wirft erneut ein Schlaglicht auf die privaten Bekanntschaften des Bundespräsidenten. Erst kürzlich war bekannt geworden, dass ein anderes Wulff-Buch unter freundschaftlicher Mithilfe vertrieben wurde. AWD-Gründer Carsten Maschmeyer hatte eine Werbekampagne für den im niedersächsischen Landtagswahlkampf 2007 erschienenen Interviewband "Besser die Wahrheit" bezahlt, Wulff will davon nichts gewusst haben.

Das Buchprojekt mit Pruys dürfte Wulff sehr gelegen gekommen sein. Der CDU-Politiker befand sich damals mitten in seiner ersten Amtszeit. Länglich durfte er in den Interviews mit dem befreundeten Publizisten über so unterschiedliche Fragen wie seine politischen Erfolge, seine Idole (Nelson Mandela, Günter Netzer) oder seinen Mischlingshund (Momo) sprechen. Gegen Ende des Buchs ist auf 25 Seiten zudem unkommentiert eine Rede des Ministerpräsidenten dokumentiert. Gespickt ist der Text mit Zitaten großer Autoren, wie Johann Wolfgang von Goethe oder Theodor Fontane.

Wulff wird in dem Buch als "aufsteigender Stern der deutschen Politik" und "Mann für jede Jahreszeit" bezeichnet. Auch Groenewold taucht auf. Auf Seite 176 ist eine persönliche Einschätzung von ihm zu lesen, in der er den Ministerpräsidenten als "charmant wie nur wenige Politiker" und einen "Bullterrier, wenn die Interessen Niedersachsens auf dem Spiele stehen" rühmt.

Groenewold gilt als schillernde Figur: Geschäftsmann, umtriebiger Netzwerker und bekanntes Gesicht des Berliner Boulevards. Einen Namen machte sich Groenewold als Geldsammler für die Filmbranche. Sein Medienfonds German Film Production (GFP) finanzierte unter anderem Kino-Erfolge wie "Der Wixxer", "Elementarteilchen" oder den mehrfach ausgezeichneten TV-Film "Das Wunder von Lengede".

Groenewold und Wulff lernten sich 2003 auf einer Premierenparty kennen, nach dessen Wahl zum Ministerpräsidenten, so hat es der Filmemacher unlängst der "Financial Times Deutschland" (FTD) erzählt. Groenewold, so heißt es, soll den bis dahin eher biederen Politiker in die glitzernde Welt der Prominenten eingeführt haben. Die "FTD" beschrieb den heute 38-Jährigen Filmkaufmann jüngst mit Blick auf Wulff als "Freund mit gewissen Vorzügen" und "Prototyp der Beziehungsgeflechte, die den Bundespräsidenten nun ins Gerede gebracht haben", weil sich hier private Netze, öffentliches Wirken und politische Einflussnahme vermischen würden.

Wulff setzte sich für die Interessen der Filmbranche ein

2005 spendete Groenewold der CDU 26.900 Euro, so steht es im Rechenschaftsbericht der Partei. Im gleichen Jahr machte sich Wulff für Groenewolds Geschäftsmodell bei der Filmfinanzierung stark. Damals hatte der Fiskus - zunächst unter Rot-Grün und später unter der Großen Koalition - die bis dahin geltenden Steuervorteile für Filmfondsanleger ins Visier genommen.

Wulff setzte sich als Ministerpräsident dafür ein, die Fonds nicht grundsätzlich abzuschaffen, weil dadurch "der deutschen Filmbranche der Boden unter den Füßen weggezogen und Arbeitsplatzvernichtung betrieben würde". Sein Ziel: Die Steuervorteile sollten nicht mehr für Fonds gelten, die Milliarden in Hollywood-Streifen investierten und zum Teil versenkten, sondern nur noch für jene, die ausschließlich deutsche Filmproduktionen finanzierten. So wie es Groenewolds Medienfonds GFP tat. Für sein Werben für die Förderung des deutschen Films erhielt der CDU-Politiker auch auf einem Empfang, den Groenewold im Sommer 2005 zu seinen Ehren gab, laut "Bild"-Zeitung "tosenden Applaus".

Genutzt hat das Engagement freilich nichts. Das Steuerprivileg wurde Ende 2005 gekippt. Einen Erfolg erzielte Groenewold dagegen 2007. Damals gründete er in Hannover mit zwei Gesellschaftern die so genannte Waterfall Productions GmbH mit dem Ziel, hochwertiger Genre-Kinofilme zu produzieren. Das Land Niedersachsen hatte eine Bürgschaftszusage gebeben.

"Den Standort Niedersachsen", so teilte Groenewold damals mit, "haben wir für unsere Firmengründung ganz bewusst gewählt, da hier Ministerpräsident Christian Wulff mit viel persönlichem Einsatz wichtige Impulse für die Weiterentwicklung der Medienwirtschaft gibt und damit optimale Voraussetzungen für Investitionen und neue Arbeitsplätze geschaffen hat."

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