Länderkammer Bundesrat ändert Bleiberecht und Abschiebepraxis

Homo-Ehe, Kinderzuschlag, Paternoster: Der Bundesrat hat eine Reihe umstrittener Gesetze beschlossen, darunter auch eine Änderung des Bleiberechts. Bei manchen Themen forderte die Länderkammer vom Bundestag Nachbesserungen.
Politiker Tillich, Sellering, Caffier: Viele Entscheidungen im Bundesrat

Politiker Tillich, Sellering, Caffier: Viele Entscheidungen im Bundesrat

Foto: Wolfgang Kumm/ dpa

Das Bleiberecht für Ausländer wird ausgedehnt - die Abschiebepraxis auch: Der Bundesrat hat eine umfassende Reform des Aufenthaltsgesetzes verabschiedet. Ausländer, die bislang nur geduldet sind, dürfen in Zukunft längerfristig in Deutschland bleiben, wenn sie die Sprache gut beherrschen und ihren Lebensunterhalt selber sichern können. Auf der anderen Seite sollen Menschen, die keinerlei Aussicht auf ein Aufenthaltsrecht haben, schneller als bisher abgeschoben werden.

Die weiteren Entscheidungen der Länderkammer im Überblick:

  • Entlastung für Familien: Unter anderem wird das Kindergeld in zwei Schritten um insgesamt sechs Euro monatlich angehoben. Der Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende wird um 600 auf 1908 Euro pro Jahr erhöht. Der Kinderzuschlag für Geringverdienende steigt um 20 auf 160 Euro. Durch Änderungen bei der Einkommensteuer soll ab 1. Januar 2016 auch die kalte Progression im Steuersystem eingedämmt werden.
  • Initiative für Tierschutz: Die Länderkammer hat einen eigenen Gesetzesentwurf beschlossen, um die Pelztierhaltung langfristig zu verbieten und so das Leiden der Tiere zu verhindern. Demnach soll das Töten von Tieren mit dem Grundgesetz nur vereinbar, wenn es höherrangigen Interessen diene, erforderlich und verhältnismäßig sei. Dies sei bei Tieren, die nur aufgrund der Pelzgewinnung getötet würden, nicht der Fall.
  • Plädoyer für unbeschränkte Homo-Ehe: Der Bundesrat hat sich für die Homo-Ehe ohne Einschränkungen ausgesprochen. "Der Bundesrat hält die Öffnung der zivilrechtlichen Ehe für Paare unabhängig von ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität für geboten, um alle bestehenden rechtlichen Diskriminierungen abschließend zu beenden." Bislang blockiert die mitregierende Union im Bundestag eine solche Ausweitung der Ehe.
  • IT-Sicherheit in öffentlichen Einrichtungen: Krankenhäuser, Banken oder Telekommunikationsanbieter sollen sich in Zukunft besser vor Cyberangriffen schützen. Der Bundesrat billigte das IT-Sicherheitsgesetz, mit dem Betreiber solcher "kritischen Infrastrukturen" verpflichtet werden, Attacken auf ihre Computersysteme unverzüglich dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu melden. Tun sie das nicht, droht ein Bußgeld von bis zu 100.000 Euro. "Kritische Infrastrukturen" sind Netze, die wesentlich für das öffentliche Leben sind.
  • Zwangspause für aus dem Amt scheidende Politiker: Beim Wechsel in die Wirtschaft droht Regierungsmitgliedern künftig eine Sperrzeit von bis zu 18 Monaten. Wenn Kabinettsmitglieder einen Posten in der Wirtschaft annehmen wollen, müssen sie das der Bundesregierung in Zukunft schriftlich mitteilen. Falls eine Prüfung des Falls problematische Überschneidungen mit dem bisherigen Aufgabengebiet des Ministers oder Staatssekretärs ergibt, kann dem Betroffenen eine Karenzzeit auferlegt werden.
  • Stärkung der Gesundheitsvorsorge: Gesetzlich Versicherte sollen eine Vier-Wochen-Garantie für Facharzttermine erhalten und auf dem Land besser versorgt werden. Freiwerdende Arztpraxen in übervorsorgten Gebieten sollen ab einem bestimmten Grad der Überversorgung nicht nachbesetzt werden. Zudem dürfen künftig alle Ärzte Patienten impfen und dies mit der Krankenkasse abrechnen.
  • Rücknahmepflicht für Elektrogeräte: Verbraucher können alte Elektrogeräte künftig zurück in den Laden bringen anstatt sie in den Müll zu werfen. Händler mit einer Verkaufsfläche von mehr als 400 Quadratmetern müssen kleine Elektrogeräte wie Toaster, Handys oder Fernseher zurücknehmen. Eine Rücknahmepflicht für größere Geräte gibt es nur, wenn Kunden ein gleichwertiges Neugerät kaufen. Die Regelungen sollen auch für den Online-Handel gelten.
  • Kein Abschied vom Paternoster: Die Fahrt mit Paternoster-Aufzügen bleibt allen Bürgern erlaubt. Eine ursprüngliche Regelung sah vor, dass nur die jeweiligen Beschäftigten in den Paternoster steigen dürfen. Dies hatte aber heftige Kritik hervorgerufen.
  • Initiative für Verbot von Genpflanzen: Im Streit um das geplante Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen erhöhen die Länder den Druck auf Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU). Rheinland-Pfalz und andere grün mitregierte Länder brachten einen eigenen Gesetzentwurf in den Bundesrat ein, der ein bundesweites Verbot vorsieht.
  • Zuschüsse für neue Elektroautos: Kommunen können künftig Sonderrechte für Elektrofahrzeuge einführen, ihnen etwa erlauben, die Busspur zu benutzen. Beim Kauf eines Elektroautos sollen Privatpersonen nach dem Willen des Bundesrats einen Zuschuss von 5000 Euro bekommen - ob das wirklich so kommt, ist aber noch offen.

mxw/brk/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten