

Berlin - Die Bundesregierung hat sich Forderungen aus der Bundeswehr angeschlossen und will für künftige Auslandseinsätze zügig Kampfdrohnen anschaffen. Aus den Einsatzerfahrungen der Bundeswehr werde deutlich, dass bewaffnete Aufklärung "als Schutz bei plötzlich auftretenden gravierenden Lageänderungen unbedingt erforderlich ist", heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion. Die Antwort liegt SPIEGEL ONLINE vor.
Im Gegensatz zu unbewaffneten Drohnen könnten scharfe Flugroboter erkannte Ziele "reaktionsschnell, präzise und skalierbar bekämpfen", heißt es. "Außerdem werden durch die Fähigkeit gegnerische Kräfte einer ständigen und für sie nicht prognostizierbaren Bedrohung ausgesetzt und in ihrem Handlungsspielraum eingeengt." Die Bewaffnung könne einen Sicherheitsgewinn durch "glaubhafte Abschreckung" bringen. Als mögliches Modell nennt die Bundesregierung auch die "Predator"-Drohne, die vor allem von den USA eingesetzt wird.
Damit rückt die von der Luftwaffe seit längerem geforderte tiefgreifende Veränderung in der Drohnenflotte näher. Bislang setzt Deutschland, anders als etwa die USA, nur unbewaffnete Drohnen ein. Zur Luftaufklärung in Afghanistan least das Berliner Verteidigungsministerium von einem israelischen Konsortium das Modell "Heron 1", zudem werden Drohnen des heimischen Herstellers Rheinmetall eingesetzt. Der Vertrag mit dem israelischen Konsortium läuft noch bis Ende 2014. Seit längerem sucht die Bundeswehr nach einem Nachfolgesystem.
Das klare Plädoyer der Bundesregierung dürfte die grundsätzliche Debatte über die Beschaffung von Kampfdrohnen wieder aufleben lassen. Im vergangenen Jahr hatte der Inspekteur der Luftwaffe, Karl Müllner, für Ärger gesorgt, als er kurz nach seinem Amtseintritt vehement den Kauf von bewaffneten Flugsystemen forderte.
Die Bundesregierung hatte sich damals noch zurückhaltend geäußert und stets betont, vor einer Entscheidung eine "breitere Diskussion" im Parlament anzustreben. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hatte sich grundsätzlich offen für den Erwerb bewaffneter Drohnen gezeigt. "Flugzeuge dürfen Waffen tragen. Warum also sollen unbemannte Flugsysteme das nicht dürfen?", sagte er in einem Interview mit der "Welt". "Die neuen Waffen haben da einen großen Vorteil: Sie sind zielgenauer. Und je besser man zielen kann, desto weniger Schäden gibt es", so de Maizière.
Ausufernde Spionage - oder notwendige Technik?
Mit ihren Plänen berührt die Bundesregierung ein heikles Feld. Schon der Einsatz unbewaffneter Drohnen ist in Berlin umstritten. Gegner halten das weltweit, aber auch in Deutschland stetig wachsende Interesse an unbemannten Flugrobotern für ein Zeichen ausufernder Spionage. Noch schärfer ist die Kritik am Einsatz von Kampfdrohnen. Der sich seit Jahren intensivierende und völkerrechtlich fragwürdige Drohnenkrieg der USA wird selbst von manchem Sicherheitspolitiker als abschreckendes Beispiel einer offensiven Nutzung unbemannter Flugsysteme gesehen.
Während man in der Union und in der SPD den Einsatz von Drohnen für sicherheitspolitisch geboten hält, gibt es bei den Grünen, den Linken, aber auch in den Reihen der FDP Widerstände gegen die Pläne.
"Der Drohnen-Strategie der Bundeswehr trete ich vehement entgegen", sagt der Linken-Abgeordnete Andrej Hunko. "Auch die Aufrüstung mit Aufklärungsdrohnen sehe ich kritisch." Er fürchtet, dass diese nicht nur bei Auslandseinsätzen Anwendung finden. Im Rahmen der Amtshilfe könnten diese auch im Innern eingesetzt werden, glaubt Hunko.
Die Bundesregierung widerspricht. Unbemannte Flugobjekte aller Art hätten "nicht den Zweck, eskalierend zu wirken", heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage. Sie würden auch künftig "ausschließlich im Rahmen ihres verfassungsgemäßen und mandatierten Auftrags eingesetzt werden".
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Diese Drohne vom Typ "Heron 1" ist unbewaffnet und wird derzeit zur Aufklärung in Afghanistan eingesetzt. Die Bundeswehr hat die Maschinen von einem israelischen Konsortium geleast.
Die "Predator"-Drohne bezeichnen Kritiker als leisen Killer. Vor allem die USA setzen sie im Kampf gegen Terroristen auf pakistanischem Territorium ein. Deutschland hat die "Predator" bislang nicht in der Drohnenflotte. Nun erklärt die Bundesregierung, sie halte den Kauf von bewaffneten Drohnen für "unbedingt erforderlich".
Bisher wurden Drohnen von den Deutschen nur zur Aufklärung eingesetzt, hier eine "Heron 1".
Die "Heron"-Drohnen haben eine hochauflösende Kamera an Bord, mit der Ziele punktgenau geortet werden können.
Der Riesenvogel: Die deutsche Luftwaffe plant zudem den Kauf von fünf Aufklärungsdrohnen des Typs "Euro Hawk". Der Flieger kann bis zu 25.000 Kilometer zurücklegen und aus einer Höhe von bis zu 20.000 Metern Signale am Boden orten, Radio- und Fernsehsendungen mitschneiden, Funksprüche und Telefonate abhören oder SMS mitlesen.
Bislang verfügen deutsche Behörden und die Bundeswehr über 331 Drohnen. Darunter sind hauptsächlich kleinere Modelle. Die propellergetriebene Drohne "Kleinfluggerät Zielortung" (KZO) eignet sich nicht für den klassischen Kriegseinsatz. Sie wird eher dazu genutzt, Konvois in Krisengebieten zu überwachen.
In Deutschland dürfen KZOs nur in bestimmten Korridoren fliegen - etwa über Truppenübungsplätzen.
Das etwas schwerere "Aladin"-Modell wird auch zur Aufklärung genutzt. Die Bundeswehr setzt sie derzeit hauptsächlich in Afghanistan ein.
Auch die "Luna" ist in der Drohnenflotte Deutschlands vertreten. Sie wiegt etwa 40 Kilogramm und darf hierzulande wegen ihres Gewichts bislang nur über Truppenübungsplätzen fliegen.
Auch in Afghanistan kommt die "Luna" zum Einsatz. In einem Umkreis von 40 Kilometern kann die ferngesteuerte Drohne bis zu vier Stunden unterwegs sein, um versteckte Details aus der Luft zu beobachten.
Die bewaffnete Predator-Drohne hätte mancher auch gerne für die Bundeswehr. Dort hat man schon einen Spitznamen für das Flugsystem: "Finger Gottes".
Der Riesenvogel: Die deutsche Luftwaffe plant zudem den Kauf von fünf Aufklärungsdrohnen des Typs "Euro Hawk". Der Flieger kann bis zu 25.000 Kilometer zurücklegen und aus einer Höhe von bis zu 20.000 Metern Signale am Boden orten, Radio- und Fernsehsendungen mitschneiden, Funksprüche und Telefonate abhören oder SMS mitlesen.
Foto: Armin Weigel/ dpaMelden Sie sich an und diskutieren Sie mit
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