Nebeneinkünfte Das sind die Top-Verdiener im Bundestag

Bundestagsabgeordneter Philipp Graf von und zu Lerchenfeld: Üppige Nebeneinnahmen als Landwirt
Foto: Tobias KochDie Abgeordneten im Bundestag haben in dieser Legislaturperiode nach Berechnungen von abgeordnetenwatch.de neben ihrem Mandat insgesamt rund 11,65 Millionen Euro kassiert. Unter den 16 Top-Verdienern, die Einkünfte von über 150.000 Euro veröffentlicht haben, finden sich 13 Parlamentarier der Union. Darunter sind der CSU-Innenexperte und Jurist Hans-Peter Uhl und der Ex-Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber (CDU), der nebenbei in unterschiedlichen Funktionen für Unternehmen tätig ist. Der CSU-Finanzpolitiker und Landwirt Philipp Graf Lerchenfeld führt die Liste an.
Erst auf Platz 12 taucht ein SPD-Politiker auf: der ehemalige Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Die Debatte um seine üppigen Vortragshonorare im Bundestagswahlkampf hatte dazu geführt, dass die Regeln für die Veröffentlichung der Nebeneinkünfte für Bundestagsabgeordnete geändert wurden: Statt drei gibt es nun zehn Stufen. Die Parlamentarier müssen ihre Einkünfte nicht in Euro und Cent angeben, sondern laut den Richtlinien des Bundestags in folgende Tabelle einordnen:
Stufen der Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten
Stufen | Einkünfte |
---|---|
Stufe 1 | mehr als 1000 bis 3500 Euro |
Stufe 2 | bis 7000 Euro |
Stufe 3 | bis 15.000 Euro |
Stufe 4 | bis 30.000 Euro |
Stufe 5 | bis 50.000 Euro |
Stufe 6 | bis 75.000 Euro |
Stufe 7 | bis 100.000 Euro |
Stufe 8 | bis 150.000 Euro |
Stufe 9 | bis 250.000 Euro |
Stufe 10 | über 250.000 Euro |
Dem Politikportal zufolge ergibt sich dadurch bei den 156 der 631 Parlamentarier, die Zusatzeinkünfte haben, jeweils ein Graubereich - denn die Stufen geben nur Mindestwerte an. Die möglichen weiteren Nebeneinkünfte sind deshalb in der Balkengrafik oben grau markiert. Laut der Analyse von abgeordnetenwatch.de entsteht bei den Nebenjobs der Parlamentarier eine Grauzone von mindestens zehn Millionen Euro.
Details zur Auswertung
Ein Beispiel: Der CDU-Bundestagsabgeordnete Rudolf Henke hat mehrere Nebenjobs, unter anderem ist der Arzt Präsident der Ärztekammer Nordrhein. Jeden Monat, so geht es aus Henkes Angaben auf seiner Bundestagshomepage hervor , kassiert er als Ärztefunktionär mindestens 7000 Euro. Seine monatlichen Einkünfte könnten aber auch mehr als doppelt so hoch liegen.
Von dem intransparenten Stufensystem profitieren zudem insbesondere die Großverdiener. Die höchste Stufe ist mit "über 250.000 Euro" definiert, Bezüge darüber hinaus müssen nicht näher beziffert werden. Für wen die Abgeordneten tätig sind, ist in ihren Profilen auf der Webseite des Bundestags einsehbar. Fünf Parlamentarier, vier der CDU und einer von der CSU, geben Einkünfte der Stufe 10 an, sie sind im Diagramm mit einem Stern markiert:
Diese Abgeordneten haben Einkünfte mit hohen Stufen
Wirklich transparent sind die Verhaltensregeln des Bundestags nicht. Einkünfte der Parlamentarier lassen sich nur bedingt miteinander vergleichen. Philipp Graf Lerchenfeld (CSU) liegt mit 1,15 Millionen Euro vorn bei den Nebeneinkünften. Allerdings macht er als Landwirt auf der Bundestagshomepage Angaben zu seinem Umsatz . "Mein Gewinn ist wesentlich geringer, liegt weit von dieser Summe entfernt. Ich habe unter anderem Materialkosten für Düngemittel und Saatgut und Ausgaben für Personal", sagt er SPIEGEL ONLINE. Graf Lerchenfeld besitzt einen 300 Hektar großen Hof, hat einen Betriebsleiter und drei ständige Mitarbeiter angestellt. "Bei Freiberuflern müssen die Summen genauer erläutert werden", sagt der Abgeordnete aus Köfering. Warum er dies nicht auf seiner eigenen Homepage mache? "Das sollte eher von offizieller Seite einheitlich beim Bundestag angegeben werden", sagt Graf Lerchenfeld.
Bei Honoraren für Vorträge, Beratung oder Vorstandstätigkeiten fallen solche hohen Ausgaben kaum an. Beispiel Stephan Harbarth : Der CDU-Abgeordnete hat als Vorstandsmitglied der Wirtschaftskanzlei SZA Schilling, Zutt & Anschütz bereits in diesem Jahr laut abgeordnetenwatch.de zwischen 100.000 und 150.000 Euro verdient.
Großbritannien als Vorbild
"Dass mehrere Millionen Euro im Dunkeln bleiben, ist skandalös. Es ist nicht hinnehmbar, dass unsere Volksvertreter Nebeneinkünfte in Millionenhöhe verschleiern können", sagt Gregor Hackmack, Geschäftsführer von abgeordnetenwatch.de, SPIEGEL ONLINE. "Die Abgeordneten müssen endlich sämtliche Nebeneinkünfte offenlegen, und zwar vom ersten Euro bis zum letzten Cent." Nur so lasse sich das ganze Ausmaß von möglichen Interessenkonflikten und finanziellen Abhängigkeiten ermessen.
Als Beispiel nennt Hackmack Großbritannien, wo die Unterhausabgeordneten nicht nur die Summe der Nebeneinkünfte genau aufführen, sondern auch den zeitlichen Aufwand. (Ein Beispiel sehen Sie hier ). abgeordnetenwatch.de hat nun eine Petition gestartet - Titel: "Verschleierung von Nebeneinkünften stoppen!". Darin werden die Bundestagsabgeordneten aufgefordert, ein striktes Transparenzgesetz zu beschließen.