Zweitwohnung von SPD-Politiker Annen Dreimal informiert, dreimal ignoriert

Jahrelang haben Anton Hofreiter und Niels Annen keine Zweitwohnungsteuer für ihre Wohnung in Berlin bezahlt. Beide werben um Verständnis. Dabei wurden sie mehrfach auf die Meldepflicht hingewiesen - Annen zuletzt vor wenigen Wochen.
SPD-Politiker Niels Annen: "Ich ärgere mich über dieses Versäumnis."

SPD-Politiker Niels Annen: "Ich ärgere mich über dieses Versäumnis."

Foto: imago

Berlin/Hamburg - Die Sache mit der Zweitwohnungsteuer bedrückt Niels Annen: Natürlich werde er die Abgabe für seine Wohnung in der Hauptstadt umgehend nachzahlen, sagte der Hamburger Abgeordnete. Wie der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter hatte es Annen jahrelang verpasst, die Steuer zu bezahlen. Er ärgere sich über dieses "Versäumnis".

Nun haben Parlamentsfrischlinge zu Beginn der Legislaturperiode jede Menge zu tun und werden mit Papier überschüttet. Zwei Glückwunschschreiben, das Abgeordnetengesetz, der dicke "Wegweiser für Abgeordnete" und weitere Hinweisblätter stecken allein in dem Begrüßungspäckchen der Verwaltung. Grünen-Fraktionschef Hofreiter fordert deshalb Welpenschutz ein: "Wenn man neu in den Bundestag kommt, hat man wahnsinnig viel zu tun."

Allerdings wurde Hofreiter auch später noch mehrfach auf die Steuer hingewiesen: Laut einem Sprecher verschickt die Fraktion am Anfang jeder Wahlperiode einen 47-seitiges Merkheft, in dem auch auf die Steuerpflicht hingewiesen wird. Seit 2005 sitzt Hofreiter im Bundestag, dreimal dürfte er den Hinweis also bekommen haben.

Auch die Bundestagsverwaltung verschickt zu Beginn jeder Legislaturperiode die Broschüre "Steuerrecht für Abgeordnete" an alle neu gewählten Parlamentarier. In zwei knappen Absätzen wird darin auf die Steuerpflicht für die Berliner Mietwohnung hingewiesen.

"Für Steuerangelegenheiten der Abgeordneten nicht zuständig"

Zusätzlich hätten die beiden im "Wegweiser für Abgeordnete" der Bundestagsverwaltung nachlesen können, dass sie in Berlin fünf Prozent ihrer Kaltmiete an die Finanzverwaltung zahlen müssen. Bei der Frage, welche Ausgaben Abgeordnete aus ihrer Kostenpauschale von monatlich 4204 Euro bestreiten müssen, wird dort auf die Steuer verwiesen. Das müsse an Fürsorge dann auch reichen, findet man in der Bundestagsverwaltung: Man sei "für Steuerangelegenheiten der Abgeordneten nicht zuständig", sagt eine Sprecherin.

Annen dürfte beide Merkhefte sogar zweimal bekommen haben: Bei seinem ersten Einzug in den Bundestag im Jahr 2005 und im vergangenen Jahr noch einmal. Nach vierjähriger Parlamentsabstinenz wurde der 41-Jährige erneut als Vertreter des Wahlkreises Hamburg-Eimsbüttel gewählt. Beide Male versäumte er den Gang zum Bürgeramt.

Mit der Informationsflut waren offenbar auch viele von Annens SPD-Kollegen überfordert: Nach zahlreichen Nachfragen wies die Fraktion in einer Mail vom 11. April dieses Jahres noch einmal auf die Steuerpflicht hin - also erst vor wenigen Wochen. Erneut ließ Annen die Chance verstreichen. Laut seinem Mitarbeiter war sein Job als Außenpolitiker schuld: Als die Mail einging, war Annen gerade im Libanon unterwegs.

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