Aufgeblähter Bundestag Wahlrechtsreform vorerst gescheitert

709 Abgeordnete hat der deutsche Bundestag, die Soll-Größe liegt bei 598. Der Bundestag muss sich verkleinern, darüber sind die Fraktionen sich einig. Über das 'Wie' wird aber immer noch gestritten.
Plenarsaal des Bundestags

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Foto: Michael Kappeler/ dpa

Die Bemühungen um eine Wahlrechtsreform sind vorerst gescheitert. Die Arbeitsgruppe, die von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) gegründet worden war, ist ergebnislos geblieben. Die Arbeitsgruppe hatte Vorschläge beraten, die den Bundestag verkleinern sollen.

Das Parlament ist nach der vergangenen Wahl auf 709 Parlamentarier angewachsen. Eigentlich sollen nur 598 Abgeordnete im Bundestag sitzen. Die Größe hängt vor allem mit den Überhangmandaten und deren Ausgleich zusammen.

Gewinnt eine Partei mehr Direktmandate als ihr laut Zweitstimmenergebnis zustehen würden, bekommt sie ein Überhangmandat zugesprochen. Um das Verhältnis zu wahren, müssen diese Mandate durch sogenannte Ausgleichsmandate kompensiert werden.

Schon der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte versucht, mit einer Reform des Wahlrechts den Bundestag zu verkleinern und war gescheitert. Im Mai des vergangenen Jahres hatte Schäuble in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärt, er wolle ein Scheitern nicht zulassen. Die Öffentlichkeit würde auf Dauer nicht akzeptieren, dass der Bundestag keine Lösung für die Reform des Wahlrechts fände.

Schäuble hatte nach Angaben von FDP, Linken und Grüne einen Kompromissvorschlag gemacht, dem sie nicht hätten zustimmen können. Schäuble habe die Zahl der Wahlkreise gering verringern wollen und zudem solle erst bei mehr als 15 Überhangmandaten Ausgleichsmandate geben. Auch die SPD wandte sich gegen den Vorschlag: "Die Basis für eine solche Einigung kann allerdings nicht ein Vorschlag sein, der einseitig eine Partei beziehungsweise Fraktion bevorteilt", sagte Carsten Schneider, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD.

Offen, wie es weitergehen soll

FDP, Linke und Grüne treten für eine Reform ein, bei der die Zahl der Wahlkreise deutlich verkleinert und zugleich die Zahl der Parlamentssitze moderat erhöht wird. Notwendig sei zudem der Verzicht auf das so genannte Sitzkontingentverfahren, durch das regionale Proporze bei der Sitzverteilung berücksichtigt werden, sagte die Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Britta Haßelmann. "Das Blockadeverhalten der Union ist schon bemerkenswert", kritisierte sie die Haltung der CDU/CSU.

Der FDP-Abgeordnete Stefan Ruppert sagte, der Vorschlag, 15 Überhangmandate nicht auszugleichen, komme einem "Bonus" für die CDU/CSU gleich. Was Schäuble als Kompromissvorschlag präsentiert habe, entspreche eigentlich dem ursprünglichen Vorschlag der Union.

Auch nach den Worten des Linken-Abgeordneten Friedrich Straetmanns ist Schäubles Vorschlag kein Kompromiss, "sondern der aufgewärmte Eintopf vom vorletzten Monat". Sollte sich der 15-Mandate-Vorschlag des Bundestagspräsidenten durchsetzen, werde er seiner Fraktion die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts empfehlen.

Offen blieb, wie es mit der Wahlrechtsreform weitergehen soll. Nach Angaben der Opposition wird Schäuble nun voraussichtlich die Fraktionsvorsitzenden anschreiben, um einen Vorschlag für das weitere Vorgehen zu unterbreiten.

höh/dpa/AFP
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