Aufgeblähter Bundestag Parlament in der Mehrzweckhalle?

Das komplizierte Wahlrecht lässt den Bundestag immer weiter anschwellen. Im SPIEGEL schlägt Bundestagsvizepräsident Oppermann Alarm: Der Plenarsaal könnte für das nächste Parlament zu klein werden.
Plenarsaal im Reichstagsgebäude (Bild von 2013): "Platzt schon jetzt aus allen Nähten"

Plenarsaal im Reichstagsgebäude (Bild von 2013): "Platzt schon jetzt aus allen Nähten"

Foto: Ole Spata/ dpa

Das deutsche Wahlrecht ist eine Dauerbaustelle. Seit Beginn der Legislaturperiode ringen die Bundestagsfraktionen um eine Reform, die verhindern soll, dass das Parlament immer größer wird. Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann warnt nun vor den Folgen eines aufgeblähten Bundestages.

"Wenn wir das Wahlrecht nicht reformieren, könnte unser Bundestag auf 800 oder mehr Mitglieder anschwellen", sagte Oppermann dem SPIEGEL. "Ein so großes Parlament würde - im Dauerbetrieb - nicht mehr in den Plenarsaal des Reichstagsgebäudes passen, dann müssten wir für Bundestagssitzungen eine Ausweichmöglichkeit suchen."

Zwar säßen bei der Bundesversammlung, die alle fünf Jahre zur Wahl des Bundespräsidenten einberufen wird, rund 1300 Delegierte "Stuhl an Stuhl" im Reichstag. "Aber das ist kein parlamentarischer Betrieb", so Oppermann, "sondern eine Veranstaltung, die nur wenige Stunden dauert."

Aktuell hat der Bundestag 709 Mitglieder, gut 100 mehr als die gesetzliche Größe, was unter anderem an der Vergrößerung der Parteienlandschaft und an den Vorschriften für Überhangmandate und ihren Ausgleich liegt. Weil der Bundestag schon jetzt "aus allen Nähten platzt", malt Oppermann sich die Folgen eines womöglich nötigen Umzugs aus: "Welchen Eindruck soll ein Parlament, das in einer Mehrzweckhalle tagt, den Bürgern vermitteln?"

Auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hatte jüngst davor gewarnt, dass Abgeordnete und Mitarbeiter womöglich in Wohncontainer ausweichen müssten. "Der größte Schaden wäre der Vertrauensschaden", sagt Oppermann. "Ein Parlament, das es nicht schafft, seinem eigenen Wachstum Grenzen zu setzen, verliert den Respekt der Bürger."

Der Sozialdemokrat sieht die Funktionsfähigkeit der demokratischen Entscheidungsprozesse in Gefahr: "Ich kann nur dringend an alle Fraktionen im Bundestag appellieren, mit vereinten Kräften eine Wahlrechtsreform auf den Weg zu bringen."

ama
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