Bundestagsposse Parlamentarier zanken um Krawattenzwang

Ersatz-Schriftführerin Alpers (links): Solidarität in Scharlachrot
Foto: Rainer Jensen/ dpaBerlin - Diese Bundestagsdebatte hat einen wahrlich fesselnden Charakter: Am Donnerstag ist ein Streit um einen Krawattenzwang für Abgeordnete hochgekocht. Weil sie keinen Schlips tragen wollten, wurden Andrej Hunko (Linke) und Sven-Christian Kindler (Grüne) von der Liste der Bundestagsschriftführer gestrichen.
Die Schlips-Verweigerer durften, anders als geplant, nicht als Protokollanten neben dem Bundestagspräsidenten Platz nehmen. Grund: Schriftführer-Obmann Jens Koeppen von der CDU besteht darauf, dass in dieser Funktion zwingend ein Selbstbinder umzulegen sei. Nur so werde die Würde des Hauses angemessen gewahrt.
Es gibt insgesamt 41 Schriftführer im Bundestag, diese sitzen abwechselnd neben dem Parlamentspräsidenten auf dem Podium unterm Bundesadler.
Koeppen, CDU-Abgeordneter aus der Uckermark, hatte laut der "Märkischen Allgemeinen" bereits im vergangenen Jahr per Brief auf eine Schlipspflicht gepocht. Für die Herren bedeutet das laut Koeppen, dass "neben dem Sakko auch eine Krawatte oder dem Entsprechendes" zu tragen ist, für die Damen wurde um "entsprechende, angemessene Kleidung" ersucht.
"Das ist völlig absurd", kritisierte Linken-Politiker Hunko die Strafmaßnahme. Ein solcher Dresscode stehe nicht in der Geschäftsordnung des Bundestags. Weißes Hemd und Jackett reichten, meinte Grünen-Politiker Kindler und fügte hinzu: "Es ist sehr fragwürdig, ob so manche Blümchenkrawatte von Koalitionsabgeordneten die Würde des Hauses hebt."
Solidarität in Scharlachrot
Aus Protest erschien ein anderer Schriftführer der Linken, Alexander Süßmair, am Donnerstag auch ohne Krawatte - und wurde prompt abgelöst. Fraktionskollegin Agnes Alpers, die nun als Ersatz eingesprungen ist, trug aus Solidarität mit Hunko am Donnerstag eine scharlachrote Krawatte.
Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck drückte in einem Brief an Bundestagspräsident Norbert Lammert sein "Unverständnis" über den Vorgang aus. Auch Linken-Fraktionsgeschäftsführerin Dagmar Enkelmann empörte sich: "Aus dem überflüssigsten Kleidungsstück der Welt wurde eine Prinzipienfrage gemacht." Sie wolle das Thema im Ältestenrat zur Sprache bringen.
Die SPD zeigte dagegen Verständnis für die strenge Kleiderordnung im Plenarsaal. "Wer im Präsidium sitzt, sollte nicht in Freizeitkleidung erscheinen", meinte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann.