Bundestagswahlkampf Koalition streitet über Rüstungsexporte

Mit ihrer Forderung nach Erleichterungen bei Rüstungsexporten provoziert die Union Zoff in der Koalition. Außenminister Westerwelle ist nicht begeistert und zieht das Thema in den Wahlkampf: Mit ihm sei eine Aufweichung der Exportregeln nicht zu machen.
Exportschlager Leopard 2: "Stolz auf Wehrtechnikgeschäft"

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Foto: KMW/ dpa

Berlin - Kurz vor der Bundestagswahl ist innerhalb der schwarz-gelben Koalition ein heftiger Streit über das heikle Thema der deutschen Waffenverkäufe ins Ausland ausgebrochen. Nach Berichten über ein Papier der Unionsfraktion, das für die Zukunft "mehr Mut" bei der Ausfuhr von deutschem Kriegsgerät fordert, gibt es nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen jetzt erhebliche Verärgerung im Auswärtigen Amt von FDP-Minister Guido Westerwelle. Intern polterte der Minister jedenfalls offen gegen den Koalitionspartner.

In kleiner Runde sagte der Minister wörtlich: "Eine restriktive Kontrolle von Rüstungsexporten steht unserem Land gut zu Gesicht." Konkret kündigte Westerwelle gegenüber einigen Vertrauten aus seinem Haus an, dass es mit der FDP in einer möglichen neuen Koalition mit der Union keinerlei Abweichung vom restriktiven Kurs der Bundesregierung beim weltweiten Handel mit deutschen Waffensystemen geben wird.

Mit den Aussagen zieht Westerwelle das Thema direkt in den laufenden Wahlkampf. "Solange ich Außenminister bin, bleiben die Exportrichtlinien so, wie sie sind - restriktiv und mit unseren Partnern eng abgestimmt", sagte der Minister. Er stehe für eine "Kultur der militärischen Zurückhaltung", das gelte im besonderen Maße für Waffendeals. Aus dem Amt hieß es, man sei über das Papier der Union "erstaunt" - und das sei noch höflich ausgedrückt.

Markige Erklärung der Union

Ausgelöst worden war der Streit durch ein Positionspapier der Unions-Verteidigungspolitiker, über das der SPIEGEL berichtete hatte. In der verteidigungspolitischen Bilanz der endenden Legislaturperiode fordert die Arbeitsgruppe unter der Leitung von Ernst-Reinhard Beck, dass die Richtlinien für Rüstungsexporte "in Zukunft überdacht und die politische Unterstützung für Exporte gestärkt werden" müsse - explizit "auch gegen medialen Widerstand" oder Vorbehalte in der Öffentlichkeit.

Die Erklärung kommt markig daher: "Wer auf die Exportnation Deutschland stolz ist", heißt es in dem Papier, "darf das auch im Wehrtechnikgeschäft sein." Deswegen sei für die Zukunft "mehr Mut" bei der Regierung angezeigt. Auch wenn es sich nicht um ein Unions-Wahlprogramm handelt, kann man das Papier durchaus als politische Leitlinie der Partei betrachten. Offiziell spielt das Thema Waffenausfuhr bisher keine Rolle in der heißen Phase des Wahlkampfs.

Mit den Forderungen betreten die Unions-Leute ein heikles Terrain. In den vergangenen Jahren hatten von der schwarz-gelben Regierung genehmigte Rüstungsexporte, beispielsweise die Lieferung von Panzern in autokratisch geführte Golfstaaten wie Saudi-Arabien oder Katar, für einen öffentlichen Aufschrei gesorgt. Da die Exporte durch den geheim tagenden Bundessicherheitsrat genehmigt wurden, schwieg die Regierung zu den durch SPIEGEL-Recherchen bekannt gewordenen Milliarden-Deals.

Heikle Ausfuhren - für strategische Partner

Indirekt aber verteidigte man die heiklen Ausfuhren mit dem Argument, die Käufer seien zwar keine Demokraten und doch strategische Partner für Deutschland. Sichtbar wurde dabei ein Strategiewechsel, der als "Merkel-Doktrin" bekannt wurde. Durch die Aufrüstung von halbwegs verlässlichen Staaten in Krisenregionen will die Bundesregierung gefährliche Auslandseinsätze der Bundeswehr vermeiden, wenn beispielsweise gefährliche internationale Militärinterventionen anstünden.

Mit seiner Kritik versucht Westerwelle erkennbar, das Thema im Endspurt des Wahlkampfs zu positionieren und seine ums Überleben kämpfende Partei von der ziemlich robust auftretenden Union abzugrenzen. Die klare Distanzierung von dem Unionspapier - anders kann man sie nicht verstehen - soll eine klare Nachricht an den Wähler sein: Wer keine Ausweitung der Exporte von deutschem Kriegsgerät will, muss die FDP und nicht die Union wählen. Somit illustriert der Ärger erneut auch die Risse in der schwarz-gelben Koalition.

Dass sich Westerwelle bei dem Thema durchaus abgrenzt, ist nicht neu. Schon vor Monaten hatte er für mehr Transparenz bei Rüstungsexporten geworben und im SPIEGEL-Interview ein vertraulich tagendes Bundestagsgremium vorgeschlagen, das stellvertretend für alle Abgeordneten über geplante Verkäufe unterrichtet werden soll.

Ganz ähnlich äußerte er sich nun erneut. Wenn es Veränderungen bei den Regeln zur Genehmigung der Waffenexporte gebe, so Westerwelle, "dann hin zu einer Stärkung des Bundestags".

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